"Mentale und körperliche Gesundheit sollten die gleiche Priorität haben."

Finnja Schwiebert lebt seit über zwei Jahren mit Typ-1-Diabetes und teilt ihre Erfahrungen auf Instagram und TikTok. Sie erzählt, wie sie mit dem Thema mentale Gesundheit umgeht, welche Situationen belastend sein können, und was sie sich von der Gesellschaft wünscht.

Warum ist es so wichtig, dass mehr Menschen über das Thema Bescheid wissen?

Menschen mit chronischen Erkrankungen haben ein erhöhtes Risiko, mentale Probleme zu entwickeln. Leider wird dieser Zusammenhang oft vernachlässigt, obwohl er existiert. Ein Beispiel: Meine diabetologische Praxis ist super darin, mich in meinem Diabetesmanagement zu unterstützen, mich zu schulen und mir tolle Tipps und Tricks im Umgang mit Diabetes beizubringen. In den zweieinhalb Jahren, in denen ich dort Patientin bin, hat mich jedoch noch niemand nach meiner mentalen Gesundheit gefragt. Dabei ist das Leben mit Diabetes belastend. Wir arbeiten 24 Stunden und sieben Tage die Woche an unserer Gesundheit, treffen Entscheidungen, die unser Leben direkt beeinflussen und sind damit häufig allein. Ich möchte nicht sagen, dass das Leben mit Diabetes immer nur Hindernisse mit sich bringt, aber viele Menschen leiden, das sollte mehr Gehör finden.

Warum ist die mentale Gesundheit bei Diabetes so wichtig?

Die mentale Gesundheit sollte meiner Meinung nach die gleiche Priorität haben wie die körperliche Gesundheit. Denn wie soll ich mich gut um mein Diabetesmanagement kümmern, wenn meine Psyche mich daran hindert? Wie soll ich den Alltag mit Diabetes meistern, wenn meine mentale Verfassung das nicht zulässt? Was die beiden Themen mentale Gesundheit und Diabetes gemeinsam haben: eine Stigmatisierung durch die Gesellschaft aufgrund von Vorurteilen und Unwissenheit. Das muss dringend geändert werden.

" Es tut so gut, sich mit Menschen auszutauschen, die das gleiche erleben wie man selbst."

Hast Du Tipps, wie man seine mentale Gesundheit stärken kann?

In schwierigen Momenten ist es mir wichtig, meine Gefühle nicht zu unterdrücken. Ich habe das Privileg, meine Gedanken und auch meinen Frust mit Familie, Freunden, dem Partner und über meine Social Media-Kanäle teilen zu können. Der Zugang zu einer starken Online-Community, die sich bei Fragen und Problemen gegenseitig unterstützt, ist dabei besonders hilfreich. Es tut so gut, sich mit Menschen auszutauschen, die das gleiche erleben wie man selbst.  Außerdem versuche ich, mir immer wieder Auszeiten zu gönnen. Ich klinke mich dann aus Treffen aus, wenn mir nicht danach ist, oder mache auch während der Arbeits- und Lernphasen bewusst Pausen. Ich gehe dann raus, höre Musik oder schreibe ein paar Zeilen auf. Egal was es ist, Hauptsache ich lenke mich ab. Das hilft mir sehr, falls mir mal wieder alles zu viel wird.

Gibt es konkrete Situationen, in denen Du zu kämpfen hast?

Ich bin neben Typ-1-Diabetes auch von

Zöliakie (Autoimmunerkrankung, bei der der Körper auf Gluten reagiert) und Hashimoto (Autoimmunerkrankung der Schilddrüse) betroffen. Normalerweise komme ich damit gut zurecht und fühle mich in meinem Alltag auch nicht überfordert. Deshalb würde ich auch nicht sagen, dass ich mit meiner mentalen Gesundheit zu kämpfen habe. Am Beispiel meines letzten Urlaubs möchte ich aber zeigen, wie belastend das Leben mit chronischen Erkrankungen sein kann. Die Gedankenarbeit beginnt hier bereits vor der Abreise: Habe ich Katheter, Pens, Pflaster, Insuline, Lanzetten und Co. dabei? Wie steht es um mein Attest und meine Krankenversicherung? Im Urlaub selbst hatte ich dann das Pech, in Bezug auf meine Zöliakie schlecht versorgt zu sein. Ich musste mich durch Supermärkte kämpfen, oft nur mit wenigen glutenfreien Lebensmitteln auskommen und hatte einen „Glutenunfall“, was einfach frustrierend war. Zu allem Überfluss gab es dann auch noch Probleme mit der Diabetestechnik. Hatte ich trotzdem Spaß im Urlaub? Auf jeden Fall. Aber ich habe auch Tränen vergossen und konnte nicht richtig entspannen, obwohl ich dringend Erholung gebraucht hätte.

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