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Was bedeutet Nachhaltigkeit für Kliniken und Labore? Wie können wir das Bewusstsein für Nachhaltigkeit im Laboralltag schärfen und Verbesserungspotenzial in diesem Bereich besser ausschöpfen? Ein Überblick von Prof. Dr. rer. nat. Ralf Lichtinghagen, leitender Klinischer Chemiker am Zentrallabor der Medizinischen Hochschule Hannover.

Laut der UN-Weltkommission für Umwelt und Entwicklung ist Nachhaltigkeit „eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.“

Um nachhaltige Entwicklung in Unternehmen zu stärken, gilt seit 2025 für viele Unternehmen geltende Berichtspflicht zu Nachhaltigkeit. Sie basiert auf der im Januar 2023 in Kraft getretenen Diese sieht vor, dass größere Unternehmen, darunter auch große Kliniken, ihren Beitrag zur ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit dokumentieren. Mit Hilfe einer CO2-Bilanzierung muss beispielsweise dargestellt werden, wie zukünftig effektiv Emissionen verringert werden. Auch Beiträge zu einem zirkulären Wirtschaften, zum Schutz von Biodiversität und Ökosystemen sowie zur Chancengleichheit und der Achtung der Menschenrechte müssen berichtet werden.

  1. Ökologische Nachhaltigkeit: Dies bezieht sich auf die Nutzung natürlicher Ressourcen in einem Maße, das die Umwelt nicht schädigt und die Biodiversität erhält.

  2. Ökonomische Nachhaltigkeit: Hierbei handelt es sich um eine Wirtschaftsweise, die langfristig tragfähig ist und wirtschaftliches Wachstum fördert, ohne die Umwelt zu belasten.

  3. Soziale Nachhaltigkeit: Dieser Bereich umfasst die Schaffung von gerechten und stabilen sozialen Strukturen, die soziale Spannungen minimieren und die Lebensqualität für alle Menschen verbessern.

Zur Erfüllung der Richtlinie sind bestimmte Werkzeuge vorgesehen, die das Berichtswesen Nachhaltigkeit standardisieren sollen. Dazu gehört der CO2-Wert als Maßstab, um die nachhaltige Entwicklung eines Unternehmens in verschiedenen Anwendungsbereichen, den sogenannten Scopes, messbar zu machen.

  • Scope 1 umfasst Emissionen aus Quellen, die einer Organisation gehören oder von ihr direkt kontrolliert werden, wie etwa die Verbrennung von Treibstoff in der eigenen Fahrzeugflotte

  • Scope 2 bezieht sich auf Emissionen, die indirekt durch den Energieverbrauch eines Unternehmens entstehen, beispielsweise bei der Stromerzeugung für firmeneigene Gebäude.

  • Scope 3 schließlich umfasst Emissionen, die nicht direkt vom Unternehmen erzeugt werden, sondern aus der Wertschöpfungskette resultieren, wie der Kauf, die Nutzung und die Entsorgung von Zuliefererprodukten.

Im Gesundheitswesen entstehen Scope-3-Emissionen unter anderem durch Medikamente, Wäsche, Reinigungsdienstleistungen, medizinische Geräte, Abfallmanagement sowie durch Geschäftsreisen und das Pendeln der Mitarbeiter:innen.

Aktuell wird die CO2-Bilanz im deutschen Gesundheitswesen mit einem Anteil von etwa fünf Prozent auf über 40 Millionen Tonnen pro Jahr geschätzt. Circa 15 Prozent sind Scope-1- und 2- Emissionen und etwa 70 Prozent Scope-3-Emissionen (Abbildung 1). Die Emissionswerte einzelner Unikliniken liegen im fünf- bis sechsstelligen Bereich.

Im Klinik- bzw. Laborbetrieb sollte sich die Aufmerksamkeit auf das nachhaltige Management von Chemikalien, Abfall, Energie und Wasser konzentrieren. Dabei sollten folgende Regeln gelten:

  • Energieverbrauch soweit möglich reduzieren

  • natürliche Ressourcen nutzen

  • Einsatz unsicherer Produkte vermeiden

Nachhaltigkeit beginnt im Labor bereits mit der Anforderung von Labortests, die etwa drei Prozent aller klinischen Kosten ausmachen. Unnötige und redundante Tests sollten vermieden werden, um die Anzahl verwendeter Reagenzien zu reduzieren. Als Richtlinie kann hierbei die evidenzbasierte Auflistung unentbehrlicher In-vitro-Diagnostika der WHO dienen (WHO list of essential diagnostic tests¹).

Für die Verwendung chemischer Substanzen gelten bereits strenge Rechtsvorschriften auf der Basis der „EU Regulation on the Registration, Evaluation, Authorization and Restriction of Chemicals" . Im Labor sollten möglichst sichere Chemikalien eingesetzt werden. Die Inventarisierung von Chemikalien muss für Labore obligatorisch sein und sie  sollten beim Öffnen datiert und nach dem Prinzip „First in, first out“ verwendet werden.

Das Abfallmanagement im Bereich klinischer Laborabfälle sollte auf den drei Säulen guter Umweltpraxis beruhen:

  • Reduzieren

  • Wiederverwenden

  • Recyceln

Keine Labortätigkeit sollte begonnen werden, ohne dass ein Plan für die Entsorgung von nicht-gefährlichen und gefährlichen Abfällen erstellt wurde.

Ein effektiver Beitrag zur Reduzierung des Stromverbrauchs ist im Labor bereits mit einfachen Mitteln (zum Beispiel Ausschalten von Instrumenten/Geräten bei Nichtbenutzung, smarte Technologien wie Sensorleuchten, LED-Technik, Solarenergie) möglich. Wichtig ist, auf der Leitungsebene das Bewusstsein für einfache Einsparmaßnahmen beim Laborpersonal zu schaffen.

Das gilt auch mit Blick auf das Wassermanagement. Eine Minimierung des Wasserverbrauchs spart Energie und trägt somit auch zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks bei. Bewertet werden sollte neben dem Einsparpotenzial beim Wasserverbrauch auch die für den jeweiligen Prozess erforderliche Wasserqualität. Eventuell lassen sich alternative Wasserquellen nutzen (z. B. Kondensatwasser-Rückgewinnung, Regenwassernutzung etc.).

Um die Nachhaltigkeit in medizinischen Laboratorien zu fördern, startete das EFLM (European Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine) Committee „Green & Sustainable Laboratories“ vor einigen Jahren die . Das zukunftsweisende Projekt hat das Ziel, umweltfreundliche Praktiken in Laboren zu implementieren und die ökologischen Fußabdrücke von Laboren zu reduzieren. Durch den Austausch von Best Practices, Schulungen und Ressourcen sollen Labore dazu angeregt werden, nachhaltigere Arbeitsweisen zu entwickeln und umzusetzen. Teilnehmen können alle Einrichtungen, die in der Labormedizin tätig sind, einschließlich Kliniken, Forschungseinrichtungen und private Labore.

Auf der Homepage der EFLM können Checklisten zu den oben genannten Punkten kostenfrei heruntergeladen werden, um direkt mit der Umsetzung von Maßnahmen beginnen zu können.

[1] WHO. "The selection and use of essential in vitro diagnostics-2020". www.who.int. World Health Organization. p. 2. Retrieved 20 August 2021.

Auch in der Geschäftsstrategie von Roche hat Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert. Das Unternehmen hat sich so genannte „net-zero“-Ziele gesetzt, die von der „Science Based Targets initiative (SBTi)“ validiert wurden (SBTi ist eine weltweit agierende Initiative, die wissenschaftlich fundierte Klimaziele verfolgt). Roche will bis zum Jahr 2045 im eigenen Betrieb und in der eigenen Wertschöpfungskette netto null Treibhausgasemissionen erreichen.

Durch Verbesserungen in der Herstellung, beim Verpacken und beim Versand reduziert Roche schon heute Emissionen und spart wertvolle Ressourcen:

Roche bietet die Methodenblätter und Packungsbeilagen seiner Produkte mittlerweile nicht mehr gedruckt, sondern digital an. Das verringert Abfall und CO2-Emissionen – und zwar um 660 Tonnen weltweit.

Durch ein neues Design bei den Umverpackungen benötigt Roche bis zu 40 Prozent weniger Rohmaterial. Das reduzierte Gewicht senkt die CO2-Emissionen beim Transport.

Auch in der Probenanalyse werden Ressourcen gespart und Abfälle vermieden: Sowohl in der klinischen Chemie als auch in der Immunologie konnte Roche die Probenvolumina seit 2006 um fast 60 Prozent senken.

Verpackungen werden über einen einfachen Abholauftrag zurückgenommen, am Standort Mannheim entsorgt oder zur Wiederverwendung aufbereitet.

Auch für Laborsysteme bietet Roche nachhaltige Lösungen an. Gemeinsam mit Partnern werden Altgeräte aufbereitet und daraus beispielsweise Ersatzteile gewonnen.

Um in der Labordiagnostik Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren und die Entsorgung von Laborabfällen zu vereinfachen, verzichtet Roche fast ausnahmslos auf die Nutzung von besorgniserregenden Stoffen (SVHC). So können beispielsweise Flüssigkeiten direkt über den Abfluss entsorgt werden.

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