Automatisierung ist in der Labordiagnostik allgegenwärtig. Aber ihre Möglichkeiten sind längst nicht ausgeschöpft, gerade was das Gebiet der Robotik betrifft. Ungeachtet der noch nicht gehobenen Potenziale unterstützen Roboterautomationssysteme aber bereits heute Labormitarbeitende bei der Arbeit. Was solche Systeme ihren menschlichen Kolleg:innen im Labor abnehmen können, zeigen die von der Firma Diabots GmbH zusammen mit weiteren Partnern entwickelten Laborroboter. Ob stationäre, teilstationäre oder mobile Modelle, ob im Zentrallabor oder am kleinen regionalen Standort eingesetzt: Sie machen Hoffnung, den Fachkräftemangel zu mildern und dem Kostendruck besser standhalten zu können. Zudem: Die Laborroboter übernehmen gerne Nacht- und Wochenendschichten – und machen die Arbeitsbedingungen so attraktiver.
Geboren wurde die Idee des Nachts in den Laboren des Diagnosticum durch Herrn Dr. Michael Praus: die zeitraubenden Routinearbeiten ganz einfach Robotern zu überlassen – und so nicht nur die angespannte Versorgungslage in der Labordiagnostik zu verbessern, sondern auch die hohe Arbeitsbelastung der Mitarbeitenden zu senken. Markus Praus, Geschäftsführer und Mitbegründer der 2021 gegründeten Firma Diabots mit Sitz im sächsischen Neukirchen erinnert sich: „Die Corona-Pandemie verlangte Labormitarbeitenden viel ab – wie unzählige andere schoben auch mein Vater als Partner der Laborgemeinschaft Diagnosticum und ich als Werkstudent regelmäßige Nachtdienste.“ Ausgehend vom Grundgedanken, dass solche Tätigkeiten auch Roboter machen könnten, arbeitete Praus zusammen mit dem Diagnosticum, einer Laborgemeinschaft mit 17 Standorten im Osten Deutschlands, an der Gründung einer Tochtergesellschaft mit dem Ziel, die Laborrobotik voranzubringen und entsprechende Systeme in Kooperation mit Partnerunternehmen zu entwickeln und herzustellen. Die Idee zündete, Diabots ist inzwischen zwei Jahre alt und hat mehrere Roboter für Kunden entwickelt, die erfolgreich in Betrieb sind. Meistens sind es auf die jeweiligen Kunden zugeschnittene Sonderanfertigungen mit einer detaillierten Konzeptphase, an dem die Klinik und das Labor beteiligt sind. „Die MTAs sind dabei besonders wichtig“, betont Markus Praus. „Als diejenigen, die mit den Robotern arbeiten werden, sollten sie von Anfang an aktiv einbezogen sein, so dass sie ein Verständnis für die Arbeitsweise eines Roboters entwickeln können und auch wissen, an welchen Stellen Menschen Fehler ins System einschleusen können, etwa bei der Prä-Analytik.“
Ein Laborroboter kann von der Probenzuführung über Zentrifugation, Be- und Entladung der Analysegeräte bis zur gekühlten Archivierung das allgemeine Probenhandling selbstständig übernehmen, aber beispielsweise auch das Messen und Archivieren von Nachforderungen und inzwischen sogar das automatische Messen von Kontrollen allein bewältigen. Die Roboter lernen stets neu dazu. „Inzwischen können wir ein Kliniklabor für die Notfalldiagnostik mit Gerinnung, Hämatologie, klinische Chemie und auch der Immunhämatologie autark mit Robotern betreiben – zwar nicht 24/7, aber rund 21/7“, beschreibt Praus. Die Überwachung der Roboter muss dabei nicht durch MTs im Labor selbst erfolgen, sondern kann per Fernvalidierung von einem anderen Labor übernommen werden.
Das erste Kundenprojekt von Diabots mit dem zur Limbach Gruppe gehörenden MVZ Gemeinschaftslabor in Cottbus mündete in der Implementierung einer stationären Laborrobotik im Jahr 2021. Aktuell geht der Trend in Richtung mobile und insbesondere in Richtung teilstationäre Robotik. Hierbei können die Roboter sich auf einer Achse in verschiedenen Längen bewegen. „Ein solches System bietet höhere Flexibilität bei der Planung und deutlich mehr Erweiterungsmöglichkeiten als stationäre“, sagt Praus. Auch gänzlich mobile Systeme, die einen mit Menschen arbeitenden, kollaborativen Roboter (Cobot) mit einem fahrbaren Transportsystem (FTS) kombinieren, eröffnen vielseitige Möglichkeiten. Sie können beispielsweise den Hol- und Bringdienst im Krankenhaus, aber auch das Be- und Entladen im Labor übernehmen; sie können in die Archive fahren oder Verbrauchsmaterialien zu den MTs bringen.
Die Probleme sind bekannt: Arbeiten unter hohem Druck, zahlreiche Überstunden sowie Nacht- und Wochenendschichten belasten die Labormitarbeitenden, der Fachkräftemangel tut ein Übriges dazu. „Unsere Erfahrungen mit Robotiklösungen zeigen: Sie sind ein wirksames Mittel, den Arbeitsdruck zu senken und den Labormitarbeitenden kräftezehrende Schichten abzunehmen. Sie machen den Beruf deutlich attraktiver und den Arbeitsalltag entspannter“, berichtet Praus. „Beispielsweise kommen die MTs im Diagnosticum in Neukirchen nun um acht Uhr ins Labor. Da sind dank der Laborroboter die Tests für die Intensivstation bereits seit einer Stunde abgeschlossen. Die MTs haben nun Zeit, sich Nachforderungen und täglichen Aufgaben wie der Maschinenwartung anzunehmen, Kalibrierungen durchzuführen und die Kontrollen vorzubereiten. Um circa 12.30 Uhr verlassen sie das Labor und können in Rufbereitschaft gehen.“ Aktuell nicht übernehmen können Roboter Arbeiten wie etwa das Auffüllen von Reagenzien oder die Kalibrierung von Vergleichsmessungen sowie viele Aufgaben in der Spezialdiagnostik. „Gerade für fachlich anspruchsvolle Tätigkeiten werden MTs also weiterhin dringend gebraucht, ihre künstlichen Kolleg:innen machen ihnen die Arbeit aber spürbar leichter“, bringt es Praus auf den Punkt.
Praus sieht den Kostendruck auf die Labormedizin und den Fachkräftemangel weiter steigen – und die Laborrobotik als effektives Instrument, um eine wirtschaftliche Vollversorgung gerade auch auf dem Land sicherstellen zu können. In gewisser Weise sei Laborrobotik eine leistungsstarke Konkurrentin zum Point of Care Testen (POCT). Statt aus Kostengründen Labore zu schließen und POCT auf den Krankenhaus-Stationen einzurichten, könnten kleine Laborstandorte mit entsprechender Robotik die Kliniken gut und wirtschaftlich versorgen. Dazu brauche es intelligente, ganzheitliche Konzepte, die neben der Robotik auch Dinge wie Logistik und Transport in den Blick nehmen. „Auch und gerade die Notfalldiagnostik lässt sich mit Laborrobotik effizient betreiben. Dafür stehen Standardlösungen bereit, die die gesamte Palette der Notfalldiagnostik abdecken und die man dank unterschiedlicher Module individuell ausgestalten kann“, erklärt Praus. Seine Einschätzung für die Zukunft stellt sowohl Maschinen als auch Menschen ins Zentrum: „Für Großlabore und Maximalversorger kann ich mir vorstellen, dass sich eine Flotte von mobilen Robotern durchs Labor bewegt und Hand in Hand mit dem Fachpersonal arbeitet.“ Für Labore mit mittlerem und kleinem Durchsatz sieht er stationäre, halbstationäre oder mobile Roboter als unermüdliche, tüchtige Kolleg:innen der Labormitarbeitenden, die in Kombination mit entsprechenden Konzepten flächendeckend agieren und strukturschwache Regionen versorgen können. Gut also, wenn die Arbeitsbedingungen dank der Laborroboter attraktiver werden und wieder mehr Fachkräfte ins Labor wollen.
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