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Die Analyse zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) bei Menschen mit B-Zell-Lymphomen im Rahmen der Liquid Biopsy (LB) hat inzwischen einen unbestrittenen Wert. LB erfasst die gesamte Mutationslandschaft von Tumoren – im Gegensatz zu herkömmlichen Gewebebiopsien, die in der Regel nur auf eine einzige Stelle im Tumorgewebe abzielen. Da sie nicht oder nur minimal-invasiv ist, stellt die LB eine patient:innenschonende Methode dar, um Aussagen über die genetische Konstellation des Tumors zu treffen und die Tumorlast im Krankheitsverlauf zu messen.

Eine Übersichtsarbeit von Lauer et al., die im Jahr 2022 in Nature erschienen ist, gibt einen umfassenden Überblick über die Technologien, Anwendungen und Perspektiven der Liquid Biopsy bei B-Zell-Lymphomen. Wir haben das Paper für Sie gelesen.

Invasive Gewebebiopsien sind der Gold-Standard, will man molekulare Informationen über B-Zell-Lymphome gewinnen. Doch haben diese ihre Grenzen: Sie sind nicht nur mit Strapazen für die Patient:innen verbunden. Sie zeichnen darüber hinaus auch kein Gesamtbild von der molekularen Heterogenität des Tumors, da die Gewebeprobe nur von einer bestimmten Stelle des Tumors stammt. Daher bedarf es präziser und genauer Technologien, die die Detektion, Quantifizierung und Charakterisierung von B-Zell-Lymphomen in Echtzeit ermöglichen. Die ctDNA-Analyse durch Liquid Biopsy bringt diese Eigenschaften mit. Sie ist nicht- oder minimalinvasiv, da die Analyse aus Körperflüssigkeiten wie Blut, der auch der Zerebrospinalflüssigkeit (Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit), erfolgt. 

Die ctDNA-Analyse erfasst sämtliche Typen tumorspezifischer genetischer Alterationen, einschließlich Einzelnukleotidvarianten (SNV), Translokationen, Insertionen/Deletionen (Indels) und Kopienzahlvariationen (CNV). Sie erlaubt die Quantifizierung der Tumorlast wie auch die Charakterisierung der Tumorheterogenität und birgt damit großes klinisches Potenzial für Diagnostik und Therapie des B-Zell-Lymphoms.

Der Mehrwert von LB-Technologien hängt weitgehend von ihrer Sensitivität und Spezifität ab. Dank der großen technologischen Fortschritte der letzten Jahre in Polymerase-Chain-Reaction- (PCR-) und Next-Generation-Sequencing- (NGS-)Technologien ist es inzwischen möglich, mit ctDNA als Analyten ultrasensitive Nachweise durchzuführen. Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag

Folgende Aspekte sind in diesem Zusammenhang interessant:

  • Für den Einsatz von LB-Techniken bei B-Zell-Lymphomen ist zu bedenken, dass die Konzentration von ctDNA bei Lymphompatient:innen stark variiert: Sie reicht von etwa 6,5 ng/ml beim indolenten follikulären Lymphom (FL) bis hin zu 650 ng/ml beim primär mediastinalen großzelligen B-Zell-Lymphom (PMBCL). Mindestens 10 ml Blut werden benötigt, damit der Anteil der cfDNA-Moleküle hoch genug für die Analyse ist.

  • Bei der Aufbereitung der Proben müssen Kontaminationseffekte, durch potenziell freigesetzte genomische DNA (aufgrund der Lyse von Blutzellen), vermieden werden, z. B. durch die Nutzung entsprechender Reagenzgefäße. 

  • Auch Keimbahnvarianten und klonale Hämatopoese von unbestimmtem Potenzial (CHIP) könnten das Analyseergebnis verfälschen. Deshalb ist eine zusätzliche Sequenzierung der Keimbahn-DNA und der Leukozyten-DNA mit anschließender Subtraktion des Ergebnisses von dem Resultat der cfDNA-Analyse zu empfehlen.

  • Lymphome weisen häufig sehr individuelle Rearrangements der Immunglobulin- (IG) V(D)J-Regionen auf. Diese können bei der ctDNA-Analyse mit NGS Primer Sets, die auf die leichten und schweren Ketten der IG abzielen, im Rahmen des Therapiemonitorings gemessen werden. Mittlerweile gibt es bereits von der FDA zugelassene Test zum Nachweis der Minimalen Resterkrankung bei Chronisch lymphatischer Leukämie (CLL), beim Multiplen Myelom (MM) und bei der akuten lymphoblastischen B-Zell-Leukämie (B-ALL). 

  • Neben diesen „Single Gene Assays“ gibt es zielgerichtete amplikonspezifische Hybrid-Capture-NGS-Technologien, die mit großen Sequencing Panels arbeiten. Diese haben den Vorteil, dass sie auf mehrere hundert lymphomspezifische Regionen simultan abzielen. 

  • Die Sensitivität von Analysetechniken gerät schnell an ihre Grenzen, wenn die Tumorlast sehr gering ist. Einen Ansatz, um diese Sensitivität zu erhöhen und Hintergrundrauschen zu minimieren, liefert das so genannte Phased Variant Enrichment and Detection Sequencing (PHaseED-seq). Hierbei können mehrere Varianten auf demselben Strang eines einzigen DNA-Moleküls sequenziert und die Detektionsgrenze von ctDNA auf bis zu 0,00005 % reduziert werden.

  1. Diagnostische Tumorquantifizierung mit ctDNA und prognostischer Wert

    Aus der Konzentration an ctDNA vor Therapie lassen sich Schlüsse auf die klinischen Ergebnisse und damit auf die Prognose von Patient:innen mit B-Zell-Lymphomen ziehen. Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten, die die Beziehung zwischen ctDNA und anderen prognostischen Markern beim B-Zell-Lymphom untersucht haben (Lauer et al., Tabelle 2). Ähnliches gilt für andere Lymphome.

  2. ctDNA-basierte Beurteilung des Ansprechens während der Therapie

    Lymphom-Patient:innen reagieren individuell unterschiedlich auf bestimmte Behandlungen. Die Analyse der ctDNA zu unterschiedlichen Zeitpunkten während der Behandlung und am Therapieende hat sich bei verschiedenen Lymphomarten als prognostisch wertvoll erwiesen (Lauer et al., Tabelle 3). So kann sie die Risikostratifizierung der Patient:innen deutlich erleichtern, wie Untersuchungen gezeigt haben. 

  3. ctDNA als Biomarker für den Nachweis der Minimalen Resterkrankung (MRD) nach der Therapie und während der Überwachung

    Üblicherweise werden Lymphom-Patient:Innen nach der Therapie mit Hilfe von Bildgebungsverfahren überwacht. ctDNA-Analysen bieten über den Biomarkernachweis einen zusätzlichen Informationsgewinn bezüglich der Erkrankung, als auch weitere Vorteile verglichen zum Monitoring per Bildgebung: Sie sind nicht-invasiv und bringen im Gegensatz zu CT und ähnlichen Verfahren keine Strahlungsbelastungen für die Patient:innen mit sich. Besonders häufig wird die ctDNA-Analyse zur Untersuchung der MRD eingesetzt. Hierfür ist der prognostische Wert der ctDNA besonders gut untersucht (Lauer et al., Tabelle 4).

  4. ctDNA für die Lymphomdiagnose und die nicht-invasive Genotypisierung

    Die histopathologische Beurteilung von Lymphomgewebe ist heute der Gold-Standard für Diagnostik, genetische Charakterisierung und Klassifizierung von Lymphomen. Die klinische Relevanz der LB ist in diesen Bereichen geringer als ihr Nutzen beispielsweise bei der MRD-Überwachung und der Tumorquantifizierung. Doch kann sie auch hier eine wertvolle Ergänzung zu den invasiven Verfahren darstellen, zum Beispiel, wenn das Tumorgewebe schlecht zugänglich ist, wie etwa bei Lymphomen des zentralen Nervensystems (CNSL). Ihr Stellenwert könnte im Rahmen der Präzisionsmedizin weiter steigen, wenn entsprechende zielgerichtete subtypenspezifische Therapien auf den Markt kommen. Einige klinische Studien haben bereits gezeigt, dass die Konkordanz zwischen gewebebasierten und ctDNA-basierten Genotypisierungen normalerweise über 70 % beträgt, selbst wenn der Tumorzellanteil sehr gering ist. Und noch einen Vorteil hat die LB: Sie kann auch genetische Varianten erfassen, die durch Biopsie des Tumors an nur einer Stelle häufig übersehen werden.

  5. ctDNA zur Bewertung der Tumorheterogenität

    Die genetischen Profile von rezidivierten Lymphomen unterscheiden sich oft erheblich von denen bei Diagnose der Tumore. Das liegt häufig an einer klonalen Selektion unter dem Druck der Behandlung, speziell bei zielgerichteten Medikamenten. Serielle Gewebebiopsien werden bei rezidivierten Lymphomen meist nicht durchgeführt. Hier könnte die ctDNA-Genotypisierung wichtige Informationen über die molekulare Tumorheterogenität im Laufe der Zeit liefern. Einige Studien haben bereits gezeigt, dass die molekularen Resistenzmechanismen bei Lymphomen nicht-invasiv durch ctDNA-Profilierung aufgedeckt werden können.

Der Wert von ctDNA für die Tumorquantifizierung, MRD-Überwachung und Risikostratifizierung wurde in den letzten Jahren ausgiebig erforscht, was nicht zuletzt an den enormen technologischen Fortschritten liegt, die den ultrasensitiven ctDNA-Nachweis ermöglichen. Diese Methoden sind bereits weitgehend ausgereift und anwendungsbereit. Andere Anwendungsgebiete der ctDNA-Analyse bei Lymphomen wie die nicht-invasive Tumor-Genotypisierung, die Charakterisierung der Tumorheterogenität oder Fragmentierungsmuster sind bislang eher explorativ, werden aber zunehmend relevant, um wichtige Fragen der translationalen Forschung nachzugehen. Sie haben das Potenzial, die Einschränkungen, die mit Gewebebiopsien verbunden sind, zu überwinden. Der Mangel an Standardisierung und Harmonisierung bei LB erschwert derzeit noch die breite Einführung der ctDNA-Profilerstellung in verschiedenen Ländern und in multizentrischen klinischen Studien. Es gibt jedoch Initiativen, die Standards für die präanalytische Handhabung, das Panel-Design und die Bioinformatik definieren. 

Diese Thematik wird bei Roche Diagnostics auch in den folgenden beiden Whitepapern behandelt:

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Referenzen

Lauer E., Mutter J., Scherer F. Circulating tumor DNA in B-cell lymphoma: technical advances, clinical applications, and perspectives for translational research. Leukemia (2022) 36:2151–2164. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1038/s41375-022-01618-w 

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