Die weltweit erste klinische Studie wurde im 18. Jahrhundert durchgeführt. Seither hat sich einiges getan. Klinische Studien sind mittlerweile Goldstandard für das Prüfen der Wirksamkeit und Sicherheit eines Medikaments. Auch die neuesten Krebstherapien werden in streng überwachten Studien getestet, die einem stetig wachsenden medizinischen Standard genügen müssen. Warum klassische randomisierte kontrollierte Studien durch neue Studiendesigns erweitert werden müssen, erklärt daher Dr. Martin Hager, Medizinischer Leiter Personalisierte Gesundheitsversorgung (PHC) bei der Roche Pharma AG.
Ein medizinisches Experiment mit Hoffnung auf Therapieerfolg: Das sind klinische Studien, die unter strengen Auflagen unterschiedlichste Medikamente gegen eine Vielzahl von Krankheiten auf den Prüfstand nehmen. Die Zahl der registrierten klinischen Studien ist in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich gestiegen. Im Februar 2021 konnten über 360.000 laufende klinische Studien weltweit gezählt werden. Im Vergleich: Im Jahr 2000 waren es lediglich 2.119.1 „Häufig handelt es sich um randomisierte kontrollierte Studien (RCTs). Hierbei werden Patienten nach dem Zufallsprinzip zwei oder mehr Gruppen zugewiesen, die unterschiedlich behandelt und abschließend verglichen werden“, erklärt Martin Hager, Medizinischer Leiter Personalisierte Gesundheitsversorgung bei Roche. Dabei wird ein einzelnes Medikament in einer einzigen klinischen Studie an einer einzelnen Patientenpopulation getestet. „Über Jahrzehnte war dies der beste und effizienteste Weg, ein Medikament auf seine Wirksamkeit und Verträglichkeit zu prüfen. Doch das verbesserte Verständnis der Entstehung von Krebskrankheiten und die Entwicklung von Therapien mit innovativen Wirkweisen zwingen uns dazu, klinische Studien neu zu denken“, fügt er hinzu.
Denn: Es ist die personalisierte Medizin, die sich zum Schlagwort des aktuellen Gesundheitszeitalters entwickelt hat. Schon immer haben Ärzte sich bei der Therapie am Patienten orientiert: Wie alt ist er oder sie? Welche Vorerkrankungen bestehen? Und darauf basierend: Welche Therapie hilft am besten? All diese Fragen werden nun durch Fortschritte in der Diagnostik insbesondere im Bereich der Onkologie auf das nächste Level gehoben. „Während früher nur nach der Lokalisation des Tumors gefragt wurde, kommen bei der Therapieauswahl heute komplexere Kriterien in Spiel. So wird Lungenkrebs heute beispielsweise nicht bei jedem Patienten gleich behandelt. Entscheidend ist die genetische Mutation, die im Tumor vorliegt, also die Subentität der Tumorart“, verdeutlicht Hager im Gespräch. Aus der zunehmenden Anzahl gut charakterisierbarer genetischer Veränderungen von Tumorarten haben sich so zielgerichtete Therapien entwickelt.
Und genau hier stoßen klassische klinische Studien an ihre Grenzen . „Denn während Studien früher nur in einer bestimmten Form von Krebs mit einem Medikament durchgeführt wurden, gewinnen heute Studienkonzepte an Bedeutung, die zeitgleich mehrere Therapieansätze in einer großen Zahl von verschiedenen Krebsarten untersuchen, sogenannte entitätsübergreifende Studien. Nur so können wir schnell verstehen, welche Therapie in welcher Art von Tumor in welchem genetischen Kontext vielversprechend ist.“, sagt Martin Hager. Zielgerichtete Therapien wirken gegen eine bestimmte vorliegende Mutation. Bekannte, aber seltene genomische Veränderungen sind beispielsweise in den Genen EGFR, PI3K oder ROS1 beim Lungenkrebs für das Enstehen der Krankheit verantwortlich. Genau diese zeigen auch weitere Herausforderungen für klassische klinische Studien: Insbesondere bei genetischen Veränderungen im Tumor, die nicht häufig vorkommen, sind RCTs aufgrund der geringen Patientenzahl kaum mehr zielführend durchführbar. Darüber hinaus sind sie grundsätzlich mit hohem Aufwand verbunden. Durch die große Anzahl neuer Substanzen und Wirkmechanismen in der Krebsbehandlung werden aber zunehmend schnell realisierbare Studien benötigt. „Das zeigt deutlich, dass RCTs zwar auch in Zukunft ihre Daseinsberechtigung haben, aber je nach zu prüfendem Wirkstoff oder Wirkweise sinnvoll durch anpassungsfähigere, entitätsübergreifende Studiendesings erweitert oder gar ersetzt werden müssen“, betont Hager.
Möglichkeiten gibt es schon einige. So haben sich in den letzten Jahren Basket- und Umbrella-Studien zunehmend etabliert. Bei Basketstudien wird geprüft, wie gut ein neues Medikament bei Patienten mit unterschiedlichsten Krebserkrankungen wirkt, die alle die gleiche genetische Veränderung aufweisen. So haben Krebspatienten zum Beispiel die gleiche zugrunde liegende genentische Veränderung, jedoch liegen die Ursprungsherde in verschiedenen Organen des Körpers, wie beispielsweise Leber, Lunge oder Brust. Dies bringt den Vorteil, dass direkt ersichtlich ist, ob eine Wirksamkeit eines Medikaments auch in verschiedensten Tumorarten vorliegt. Ebenfalls eher neu sind sogenannte Umbrella-Studien. Hierbei haben die Patienten den Tumor an der gleichen Stelle im Körper – allerdings mit unterschiedlichen genetischen Veränderungen. Sie bestehen aus vielen kleinen Substudien, die mehrere zielgerichtete Medikamente gleichzeitig testen, die alle spezifisch gegen eine bestimmte genomische Mutation wirken.
„Diese neuen Studiendesigns unterstützen ganz konkret die effiziente und beschleunigte Medikamentenentwicklung. Und genau darauf kommt es an: Wir wollen neue, bessere Medikamente noch schneller zu den Patienten bringen, die sie brauchen. Auch in der Praxis zeigt sich, dass die Bedeutung dieser neuen Ansätze nicht zu unterschätzen ist“, unterstreicht Martin Hager. Einige Projekte laufen bereits – allerdings nicht allein, sondern im Schulterschluss mit dem öffentlichen Sektor.
So entstand bereits im Jahr 2012 eine strategische Partnerschaft mit dem
Anja Heckendorf
Communications Manager
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