„Wir müssen lernen, magische Kugeln zu gießen, die gleichsam wie Zauberkugeln des Freischützen nur die Krankheitserreger treffen.“ Dieses Ziel formulierte Paul Ehrlich, Forscher und Nobelpreisträger für Medizin, im Jahr 1907. Mehr als ein Jahrhundert später ist die moderne Krebstherapie dieser Vision bereits sehr nahe gekommen.
Mit Magie hat dies gleichwohl wenig zu tun. Vielmehr sind es Hightech-Medikamente, die heute mithilfe modernster Technologien in den Laboren entwickelt werden. „Präzisionsonkologie lautet das Stichwort“, so Dr. David Traub, Leiter Medizin & Market Access bei der Roche Pharma AG. „Wenn wir heute von modernen Krebstherapien sprechen, geht es um hochkomplexe Technologien. Um Wirkstoffe, die auf molekularer Ebene gezielt in die Krankheitsmechanismen eingreifen, die den Krebs antreiben.“
Dazu zählen personalisierte Krebstherapien: Medikamente, die sich präzise gegen einzelne Treibermutationen und die daraus resultierenden Veränderungen richten und diese gezielt ausschalten. Mehrere Hundert dieser Treibermutationen, Defekte im Erbgut der Krebszellen, die für ungebremstes Wachstum sorgen, sind mittlerweile bekannt – und immer mehr von ihnen lassen sich zielgerichtet behandeln. Personalisierte Krebstherapien werden heute beispielsweise bei speziellen Formen von Brust-, Lungen- oder Hautkrebs eingesetzt: Bei einzelnen, äußerst seltenen Mutationen mittlerweile auch unabhängig davon, in welchem Organ der Krebs auftritt. „Die personalisierte Krebsmedizin stellt heute immer mehr Patientinnen und Patienten eine wirksame und gut verträgliche Behandlung in Aussicht, die bestmöglich auf die besondere Biologie der Erkrankung und auf individuelle Bedürfnisse angepasst ist“, so Traub. „Umso wichtiger ist aber auch eine präzise Diagnostik: Nur mit einer möglichst umfassenden molekularen Diagnostik, beispielsweise dem sogenannten Next Generation Sequencing, lassen sich diese Treibermutationen identifizieren - und damit genau die Patientinnen und Patienten, die von diesen Fortschritten profitieren können. Ob eine solche Testung in Frage kommt, sollten Patientinnen und Patienten in jedem Fall mit ihrem Onkologen besprechen.”
Neben den personalisierten Krebstherapien stehen insbesondere auch die Immuntherapien exemplarisch für die wegweisenden Fortschritte, die auf dem Gebiet der Präzisionsonkologie innerhalb weniger Jahre erzielt wurden. Die Idee dahinter ist denkbar einfach – und gleichermaßen kompliziert: Ziel ist es, die körpereigene Immunabwehr gegen den Krebs zu reaktivieren. Denn grundsätzlich ist unser Immunsystem in der Lage, mutierte Zellen zu erkennen und zu zerstören. Tatsächlich entstehen täglich tausendfach Fehler im Erbgut, die normale Zellen zu Krebszellen entarten lassen können. Nur wenn es diesen mutierten Zellen gelingt, sich der Immunabwehr zu entziehen, kann daraus aber auch ein Tumor entstehen.
Anders als zu Paul Ehrlichs Zeiten versteht die moderne Wissenschaft heute immer besser, welche Mechanismen Krebszellen ausnutzen, um der Immunabwehr zu entgehen. So schütten einige Krebszellen beispielsweise ein spezielles Protein aus, das wie eine Art Tarnkappe auf die Abwehrzellen des Immunsystems, die T-Zellen, wirkt. Moderne Immuntherapien, sogenannte Checkpoint-Inhibitoren, sind heute in der Lage, diese Proteine gezielt zu blockieren. Die Folge: Das Immunsystem kann die Krebszellen wieder erkennen, angreifen und im Idealfall auch zerstören.
Bislang werden diese Medikamente nur bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen eingesetzt – beispielsweise gegen Brust-, Lungen- oder Leberkrebs. Das könnte sich aber bald schon ändern: Mittlerweile zeigen verschiedene klinische Studien, dass auch Patientinnen und Patienten im frühen Krankheitsstadium von dieser Behandlungsstrategie profitieren können.
Gleichzeitig steht aber auch schon die nächste Generation der Immuntherapien in den Startlöchern. „Bei Roche erforschen wir aktuell zahlreiche weitere Strategien im Bereich der Krebsimmuntherapien“, so Traub. „Dazu zählt beispielsweise auch die Kombination mehrerer Wirkstoffe, die sich gegenseitig unterstützen und das Immunsystem an verschiedenen Stellen gegen den Krebs mobilisieren. Wir sind zuversichtlich, dass so in Zukunft noch mehr Patientinnen und Patienten von den Vorteilen der Immuntherapien profitieren können.“
Geforscht wird auch an sogenannten personalisierten Krebsvakzinen. Diese basieren, wie die jüngst zugelassenen COVID-19-Impfungen, auf mRNA-basierten Technologien. Die Idee: Das Immunsystem wird mit einer Art Bauanleitung für tumorspezifische Antigene ausgestattet und lernt so, wie es Krebszellen erkennen und vernichten kann. “Die jüngsten Erfolge bei den COVID-19-Impfungen geben den mRNA-basierten Krebsvakzinen zweifellos Auftrieb”, so Traub. “Gleichzeitig steht die Krebsforschung hier vor deutlich größeren Herausforderungen: Die Zielstrukturen sind bei Krebserkrankungen bei jeder Patientin und jedem Patienten einzigartig - und sie verändern sich im Laufe der Zeit. Die Therapien müssten folglich auf jeden Patienten individuell zugeschnitten werden. Sollte dies gelingen, wäre das Ergebnis eine tatsächlich personalisierte Krebsimmuntherapie.”
Dieser Text erschien ursprünglich am 23.6.2021 im FAZ-Verlagsspecial „Die Zukunft der Krebstherapie“
Ferdinand Tessin
Teamlead Product Communications
Roche Pharma AG
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