Deutschland belegt bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen bekanntermaßen im europäischen Vergleich einen der hinteren Plätze. Die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePa) und das elektronische Rezept sind nur zwei Beispiele, die in anderen europäischen Staaten bereits gut funktionieren. Auch bei der Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten für Forschung und Entwicklung liegt Deutschland weit hinter Ländern wie Finnland und Estland zurück. Nicht zuletzt wegen des gesetzlich verankerten Ausschlusses privater forschenden Unternehmen beim Zugang zu den Daten des Forschungsdatenzentrums. Eine ausführliche Analyse zur Gesundheitsdatennutzung und Digitalisierung im Gesundheitswesen im europäischen Vergleich bietet die empirica-Studie „Stand und Perspektiven der Gesundheitsdatennutzung in der Forschung: Ein europäischer Vergleich“ für den Verband der forschenden Pharma-Unternehmen.

Am 3. Mai 2022 veröffentlichte die EU-Kommission einen Entwurf der Verordnung "Europäischer Gesundheitsdatenraum".  Aus unserer Sicht ein sehr vielversprechendes Projekt, denn die Schaffung des EHDS (European Health Data Space) könnte endlich den notwendigen Fortschritt in Deutschland bringen, den es braucht.
Darin heißt es:
Einführung einer einheitlichen Patientenakten mit interoperablen Gesundheitsdaten-Modellen, die den effizienten Austausch und direkten, souveränen Zugriff auf unterschiedliche Gesundheitsdaten (elektronische Patientenakten, Genomikdaten, Daten aus Patientenregistern…) ermöglichen.
● aktivere Nutzung von anonymisierten Gesundheitsdaten für öffentliche und private Forschungsvorhaben für die Entwicklung neuartiger Therapien und Diagnosemöglichkeiten
● Klares Commitment zur Vereinheitlichung Zugriffsmodi, Datenqualitätsmodellen und -standards, Interoperabilitätsvorgaben durch die noch zu benennenden National Health Data Access Bodies (in Deutschland vermutlich die Gematik)

Wir sind guter Dinge, dass der Europäische Datenraum die Verknüpfung von nationalen Datenknoten vorantreiben wird, die einen grenzüberschreitenden Zugriff auf Gesundheitsdaten von nationalen Datenquellen ermöglichen (z.B. Forschungsdatenzentrum oder Indikationsregister in Deutschland). Bürger:innen soll der Zugang über ein EU-weit elektronisches interoperables Format geboten werden, das Kontrollmöglichkeiten über die Speicherung und Weitergabe der Gesundheitsdaten gewährt (analog zur DSGVO auch mit Möglichkeit kontrolliert Zugriff zu verbieten und/oder Datenlöschung zu beantragen). Dies wird in Deutschland mit dem geplanten Ausbau der elektronischen Patientenakte erreicht. Andere Länder wie Estland, Finnland oder Spanien sind uns da deutlich voraus!

Zu Forschungszwecken soll öffentlicher und privater Forschung grundsätzlich der Zugang zu anonymisierten Gesundheitsdaten gewährt werden. Für pseudonymisierte Daten besteht unter schärferen Auflagen auch die Möglichkeit, Zugang zu erhalten. Wir als Roche sehen hier großes Potential für Deutschland über einen klar geregelten breiten Zugang zu forschungsrelevanten anonymisierten Gesundheitsdaten die Versorgungsqualität über individualisierte Therapien-, Diagnose und Gesundheitslösungen anhand deutscher Patient:innendaten zu steigern. Durch den Druck der europäischen Verordnung kann hier die Benachteiligung der privaten Forschung in Deutschland aufgelöst werden.

Da wir bei einem solchen großen Vorhaben einen längeren Abstimmungsprozess erwarten, dürfte die finale Umsetzung wohl bis 2025 andauern. Im Nachgang der EU-Verordnung wird eine Adaption und Implementierung in nationale Gesetzgebung notwendig sein. In Deutschland bietet das im Koalitionsvertrag angekündigte Gesundheitsdatennutzungsgesetz die entsprechenden Anpassungen zum EHDS hin umzusetzen. Wir begrüßen das ausdrücklich.

Wir als Roche setzen uns besonders dafür ein, dass es zu keinen Kompromissen der im Kern richtigen Idee des EHDS durch besondere Berücksichtigung deutscher Sonderwege bei der Finalisierung kommt

Autor
Maro Bader
Excellence Lead Digital Transformation
Health System & Governmental Affairs

Wie verändert der EHDS die Gesundheitsdatennutzung in Deutschland?

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