Krebserkrankungen und ihre Kosten

Die neuen, vielversprechenden Behandlungsmöglichkeiten werfen wichtige Fragen auf: Will und kann sich unsere Gesellschaft diese Fortschritte leisten? Was ist das Leben wert? Wie viel darf eine bessere Lebensqualität kosten?

Lebenserwartung verdoppelt

Die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland lag zu Oscar Wildes Todesjahr 1900 für Männer bei etwas über 40 und für Frauen bei knapp 44 Jahren (2). Heute liegt sie laut Statistischem Bundesamt (3) für einen 2012 geborenen Jungen bei 77 Jahren und 9 Monaten und für neugeborene Mädchen bei 82 Jahren und 10 Monaten. Auch Dank des medizinischen Fortschritts hat sich die Lebenserwartung in diesem Zeitraum in etwa verdoppelt.

Die großen Erfolge der medizinischen Forschung und Entwicklung sind sicher ein Anlass zu Optimismus, aber noch längst kein Grund zum Zurücklehnen und Ausruhen. Im Gegenteil: Die Onkologie steht weiter vor großen Herausforderungen, wie der Blick in die Zukunft verdeutlicht. So ist in Deutschland wie auch in den meisten anderen Staaten allein auf Grund der demografischen Entwicklung der Bevölkerung mit einer steigenden Zahl jährlicher Krebsneuerkrankungen zu rechnen. Der Grund: Die Anzahl an älteren Menschen wird laut Statistischem Bundesamt in den nächsten Jahrzehnten immer weiter wachsen - und Krebs tritt typischerweise häufig in höherem Alter, meist nach dem 60. Lebensjahr, auf. Dies gilt sowohl für Frauen als auch für Männer (Abb. 2).

Krebsneuerkrankungen steigen

Namhafte Gesundheitsexperten wie Fritz Beske vom Institut für Gesundheits-System-Forschung prognostizieren an Hand der Veränderungen der Altersstruktur der deutschen Bevölkerung für das Jahr 2050 einen deutlichen Anstieg alterspezifischer Erkrankungen wie Schlaganfall, Herzinfarkt oder Lungenentzündung. Der erwartete Zuwachs jährlicher Krebsneuerkrankungen liegt bei 70 Prozent (4) verglichen mit dem Jahr 2000 (Abb. 3).

Die Herausforderung für die Medizin der Zukunft liegt aber nicht nur darin, für immer mehr Krebspatienten immer bessere Therapiemöglichkeiten zu finden und anzubieten, sondern auch darin, die innovativen Behandlungsangebote in einem finanziellen Rahmen für das Gesundheitswesen zu halten. Die Kosten für den medizinischen Fortschritt, der schließlich jedem Betroffenen zugutekommen soll, müssen bezahlbar bleiben. Oder wie Oscar Wilde vielleicht sagen würde: Der Preis zur Verwirklichung der Utopie darf nicht ins Utopische steigen.

Auch in dieser wirtschaftlichen Frage lohnt sich ein Blick in die Gegenwart und Zukunft. Der Anteil der Behandlungskosten für Krebserkrankungen an den gesamten Gesundheitskosten in Europa lag laut der aktuellsten Untersuchung des IHE (Swedish Institute of Health Economics) (5) bei 6,4 Prozent (Abb. 4), in Deutschland bei 5,4 Prozent. Dies ist erstaunlich wenig, wenn man die Summe in Relation zur sogenannten Krankheitslast setzt, der internationalen Kenngröße zur Erfassung der gesellschaftlichen Belastung aufgrund einer spezifischen Erkrankung (DALY – Disability-Adjusted Life Years (6)). Krebs stellt hier mit einem Anteil von 16,7 Prozent eine enorme Bürde für das Gemeinwesen in Europa dar. Gemessen an dieser Last sind die Behandlungskosten für Krebs niedrig.

Gesundheitsausgaben pro Einwohner: knapp 4000 Euro

In Deutschland lagen im Jahr 2013 die gesamten Gesundheitsausgaben pro Einwohner gerechnet im Schnitt bei 3.910 Euro (Abb. 5), im Europavergleich eine mittlere Größe. Die Ausgaben für das Herz-Kreislaufsystem, Erkrankungen des Verdauungssystems, psychische und Verhaltensstörungen sowie Krankheiten des Muskel-Skelettsystems sind sowohl bei Männern als auch Frauen die Hauptausgabenbereiche. Danach folgen Krebserkrankungen, wobei deren Ausgaben rund die Hälfte derer des Kreislaufsystems betragen.

Insgesamt steigen die Ausgaben für Arzneimittel in Deutschland seit Jahren leicht an – die Ausgaben für Krebsmedikamente verlaufen nahezu parallel zu dieser Entwicklung (Abb. 6). Für die Fortschritte in der Onkologie werden laut Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (VfA) seit Jahren rund 10 Prozent der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenkassen aufgewendet. Das heißt: Der Anteil sogenannter Onkologika an den Budgets der Krankenkassen bleibt stabil, während die Überlebenszeiten der Patienten ebenso steigen wie ihre Lebensqualität trotz Krebserkrankung.

Der Fortschritt ist entscheidend

Dass das so bleibt und die Krebstherapie mit den notwendigen Innovationen auch in Zukunft finanzierbar ist, hängt von zahlreichen Einflussgrößen ab. Fest steht, wie es Fritz Beske formuliert: „Der medizinische Fortschritt ist der entscheidenste Faktor für die weitere Verbesserung der Gesundheitsversorgung, aber auch der teuerste Faktor.“ Ein Grund - und zugleich der wichtigste - sind die enorm hohen Entwicklungskosten für neue Medikamente. Die meisten Experten schätzen, dass es rund 2,3 Milliarden Euro kostet, ein neues Arzneimittel zu entwickeln. Wofür und warum diese hohen Summen aufzuwenden sind, lesen Sie hier weiter:

„Forschung und Entwicklung von Arzneimitteln“.

Personalisierte Medizin. Zielgerichtete Tumortherapien. Innovative Krebsmedikamente. Diese Stichworte stehen für die atemberaubenden Fortschritte der gegenwärtigen Krebsforschung. Die neuen, vielversprechenden Behandlungsmöglichkeiten werfen aber auch wichtige Fragen auf: Will und kann sich unsere Gesellschaft diese Fortschritte leisten? Was ist das Leben wert? Wie viel darf eine bessere Lebensqualität kosten? Um diese Diskussion zu führen, ist es zunächst wichtig, einen genauen Blick auf die Fakten zu werfen.

„Fortschritt ist die Verwirklichung von Utopien“, schrieb einst der bekannte irische Dichter Oscar Wilde (1854 -1900). Mit Blick auf eine der größten Herausforderungen der Neuzeit, die Behandlung und Heilung krebskranker Menschen, ist die Medizin in den letzten Jahren rasant voran geschritten. Intensive Forschung in der Onkologie hat zu einem besseren Verständnis geführt, warum und wie Tumore entstehen, wachsen, sich ausbreiten und nicht zuletzt, wie sich diese Prozesse verlangsamen oder gar verhindern lassen. Die daraus entwickelten Medikamente und Therapien lassen die Utopie zur Realität werden: Bei nahezu allen Krebsarten sind die Überlebensraten deutlich gestiegen. Nach einer Krebsdiagnose leben die Betroffenen heute bei guter Lebensqualität etwa sechsmal länger als noch vor 40 Jahren.

Allein die Zahlen für die jeweils häufigsten Krebserkrankungen bei Männern und Frauen – Prostatakrebs und Brustkrebs – verdeutlichen die positive Entwicklung: So überlebten etwa Anfang der 70er Jahre nur 62 von 100 Männern mit Prostatakrebs die ersten fünf Jahre nach ihrer Diagnose, heute sind es 93 von 100. Die 5-Jahres-Überlebensrate bei Frauen mit Brustkrebs liegt laut aktueller Statistik des Robert-Koch-Instituts heute bei 88 Prozent, während sie in den Jahren 1970 bis 1974 bei nur 65 Prozent lag (1).

Die rasanten Fortschritte in der Entwicklung neuer Diagnostika und innovativer Arzneimittel haben wesentlich zu verbesserten Behandlungsmöglichkeiten bei Krebserkrankungen beigetragen. So sind die Heilungschancen erheblich gestiegen und die sogenannten altersstandardisierten Sterberaten nehmen stetig ab (Abb. 1). Das bedeutet: Das Risiko für Personen der gleichen Altersgruppe, einer Krebserkrankung zu erliegen, ist heute erkennbar geringer als noch vor 10 bis 15 Jahren.

Wert der Innovationen

Referenzen

  1. VfA
    https://www.vfa.de/de/wirtschaft-politik/artikel-wirtschaft-politik/krebsmedikamente-ueberlebenszeiten-steigen-ausgaben-bleiben-stabil.html

  2. Lebenserwartung.info
    http://www.lebenserwartung.info/index-Dateien/ledeu.htm

  3. Statistisches Bundesamt
    https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2015/04/PD15_143_12621.html

  4. Fritz Beske Institut

    http://dggpp.de/dggpp2011/beske/Band-119.pdf

  5. IHE, Swedish Institute for Health Economics

    http://www.ihe.se/access-to-cancer-medicines-in-europe.aspx

  6. WHO

    http://www.who.int/cardiovascular_diseases/resources/atlas/en/

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