Priv.-Doz. Dr. Ziad Hilal, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe (Dortmund), über die großen Chancen der Früherkennung bei Gebärmutterhalskrebs, warum Aufklärung so wichtig ist und auf was es bei der Arztwahl ankommt.
Was genau wird eigentlich bei der Gebärmutterhalskrebsvorsorge gemacht?
Das Wichtigste zuerst: Die Gebärmutterhalskrebsvorsorge tut nicht weh und ein auffälliges Ergebnis bedeutet noch lange nicht, dass man Krebs hat. Man kann also entspannt zur Vorsorge kommen. Hier wird bei Frauen ab 20 Jahren einmal im Jahr ein sogenannter Pap-Test gemacht, den viele auch als Krebsabstrich oder zytologischen Abstrich kennen. Dabei streiche ich vorsichtig Zellen vom Muttermund des Gebärmutterhalses ab, die dann in einem zytologischen Labor auf mögliche Krebsvorstufen analysiert werden. Ab dem 35. Lebensjahr sollte man zusätzlich alle drei Jahre einen HPV-Test machen. Das ist ein Abstrich ähnlich wie beim Pap-Test, bei dem nach einer Infektion mit Humanen Papillomviren (HPV) gesucht wird, welche für Gebärmutterhalskrebs verantwortlich sind.
Warum ist die Vorsorge gerade bei Gebärmutterhalskrebs so wichtig?
Weil wir hier durch Früherkennung die ganz große Chance haben, Zellveränderungen zu entdecken, bevor es überhaupt zu einer Erkrankung kommt. Es dauert viele Jahre, bis sich nach einer HPV-Infektion eine Krebsvorstufe entwickelt. Diese Zeit sollte man unbedingt nutzen, indem man regelmäßig zur Vorsorge geht. Man kann dabei nur gewinnen: Entweder man bekommt das gute Gefühl, dass alles in Ordnung ist – oder die Möglichkeit, rechtzeitig etwas zu unternehmen, falls tatsächlich ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs festgestellt wird. In den meisten Fällen ist das ein kleiner Eingriff, nach dem man auch weiterhin Kinder bekommen kann. Dank der modernen Diagnostik sollte in einem Land wie Deutschland heute keine Frau mehr an Gebärmutterhalskrebs erkranken, geschweige denn daran versterben.
Laut einer aktuellen Umfrage gehen nur 58 % der Frauen regelmäßig zur gynäkologischen Vorsorge. Wie erleben Sie das?
Ich erlebe es immer noch zu häufig, dass Frauen erst dann zur Vorsorge kommen, wenn sie Beschwerden haben. Deshalb ist es aus meiner Sicht entscheidend, dass wir früher und besser über die Bedeutung und Chancen der Früherkennung aufklären – und das auf eine positive und motivierende Art und Weise. So können auch mögliche Ängste oder Vorurteile abgebaut werden. Die sozialen Medien bieten hier tolle Möglichkeiten, junge Frauen für die Bedeutung der Vorsorge zu sensibilisieren. Aber auch eine Aufklärung in Schulen, wie wir das aus der Zahnmedizin kennen, könnte helfen, das Thema bereits in jungen Jahren in den Köpfen zu verankern.
Was bei der Umfrage auch auffällt: Viele Frauen sprechen nicht offen über das Thema Gebärmutterhalskrebs. Warum ist das so?
Aus meiner Erfahrung liegt das daran, dass Gebärmutterhalskrebs durch HP-Viren ausgelöst wird, die durch intime Kontakte übertragen werden. Dies kann dazu führen, dass sich Frauen schämen und stigmatisiert fühlen. Außerdem begegne ich auch immer wieder der Angst, dass der Partner verantwortlich sein könnte, weil er untreu war – oder er wiederum denken könnte, dass sie selbst nicht treu war. Deshalb ist auch hier Aufklärung so wichtig: 85 Prozent der Menschen infizieren sich mindestens einmal in ihrem Leben mit HPV: In der Regel heilt die Infektion folgenlos aus, in seltenen Fällen kann das Virus viele Jahre unbemerkt im Körper bleiben. Es ist also etwas völlig Normales, das uns alle betrifft und weder mit Schuld noch mit Scham verbunden sein sollte. Mehr Offenheit und Aufklärung würden dazu beitragen, dieses Tabuthema zu entmystifizieren.
Wie finde ich eigentlich die Frauenärztin / den Frauenarzt, der wirklich zu mir passt?
Wir haben in Deutschland das Privileg der freien Arztwahl – und das ist auch gut so. Denn jeder Mensch ist einzigartig und hat individuelle Bedürfnisse. Deshalb ist es so wichtig, immer auf sein Gefühl zu hören und sich bei der Arztsuche ein paar grundlegende Fragen zu stellen: Fühle ich mich wohl? Habe ich Vertrauen? Nimmt sich jemand Zeit und erklärt mir die Dinge? Werde ich ernst genommen? Wenn man diese Fragen für sich mit „Ja“ beantworten kann, ist das schon einmal eine gute Voraussetzung, dass es passen könnte. Häufig helfen bei der Suche auch Empfehlungen von Freundinnen, die ähnlich ticken wie man selbst. Außerdem macht es auch Sinn, einen Blick auf die Website zu werfen, um einen ersten Eindruck von der Praxis und den Menschen, die dort arbeiten, zu bekommen. Noch ein Tipp: Wenn man sich mit der Arztwahl aus irgendeinem Grund dann doch nicht wohlfühlt, bitte unbedingt weitersuchen und sich nicht der Situation ergeben. Denn die Frauenärztin / der Frauenarzt des Vertrauens ist zu wichtig, um falsche Kompromisse einzugehen.
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