Bei der Präeklampsie handelt es sich um einen Bluthochdruck während der Schwangerschaft – eine potenziell schwerwiegende Erkrankung. Eine von zwanzig Schwangerschaften ist von Präeklampsie betroffen.1
Eine Präeklampsie tritt meistens in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft auf, selten vor der 20. Schwangerschaftswoche 2 Solche „early onset-Präeklampsien“ (20. bis 34. Schwangerschaftswoche) verlaufen meist schwerer als später einsetzende und das Kind kommt häufig als Frühgeborenes auf die Welt.
Das Krankheitsbild ist nicht immer eindeutig, es gibt aber klare Anzeichen, die helfen eine Präeklampsie einzuordnen.
Mögliche Symptome für eine Schwangerschaftsvergiftung sind:3
Starke Kopfschmerzen, Sehstörungen, Schwindel
Bluthochdruck
Plötzlich starke Gewichtszunahme, Übelkeit, Oberbauchschmerzen
Erhöhte Eiweißmengen im Urin
Geschwollene Hände und Füße
Bei einer schweren Form der Präeklampsie kann eine potenziell lebensbedrohliche Komplikation das „HELLP-Syndrom“ (Hämolyse, Elevated Liver Enzymes, Low Platelets) sein. Dabei zerfallen rote Blutkörperchen (Hämolyse), die Anzahl der Blutplättchen sinkt und die Blutgerinnung ist beeinträchtigt. Die Folgen können Nieren- und Leberversagen, innere Blutungen und ein plötzliches Ablösen des Mutterkuchens (Plazenta) sein.4
Meist nimmt die Präeklampsie jedoch einen leichten Krankheitsverlauf. Bei einer verspäteten Diagnose kann es sehr bedrohlich für Mutter und Kind sein. Um die schwangere Frau und ihr ungeborenes Kind zu schützen, ist es deshalb wichtig, die Erkrankung so früh wie möglich zu erkennen. Seit Juni 2009 ist ein Labortest verfügbar, der die Präeklampsie an Blutwerten erkennen kann, lange bevor sie sich mit den ersten Anzeichen bemerkbar macht.5
Fehlfunktion der Plazenta
Wodurch die Präeklampsie verursacht wird, ist bislang noch nicht vollständig bekannt. Die Wissenschaftler gehen jedoch davon aus, dass die Erkrankung auf eine Fehlfunktion des Mutterkuchens (Plazenta) zurückzuführen ist. Dazu kommt es vermutlich, weil sich die Plazenta in den ersten Wochen der Schwangerschaft nicht vollständig in die Wand der Gebärmutter einnistet und sich die Blutgefäße in der Plazenta infolgedessen nur unzureichend ausbilden. Eine nicht ausreichend durchblutete Plazenta aber führt zu einer Mangelversorgung des Embryos. Um eine ausreichende Versorgung des heranreifenden Kindes mit Nährstoffen und Sauerstoff dennoch zu gewährleisten, schütten Zellen der Plazenta bestimmte Moleküle in das Blut der Mutter aus: Sie erhöhen den Blutdruck im mütterlichen Kreislaufsystem und steigern so die Blutzufuhr für den Fötus.6
Dieser molekulare Rettungsversuch kann zur Präeklampsie – zur Bluthochdruckerkrankung der Mutter während der Schwangerschaft – mit ihren schwerwiegenden Folgen führen. Mittlerweile sind Faktoren bekannt, die darauf hinweisen, ob eine schwangere Frau ein besonderes Risiko hat, eine Schwangerschaftsvergiftung zu entwickeln.
Das Risiko ist erhöht, wenn7
es sich um die erste Schwangerschaft handelt,
eine Präeklampsie bereits bei einer vorangegangenen Schwangerschaft aufgetreten ist,
wenn Mehrlinge ausgetragen werden,
wenn bereits Vorerkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Nierenleiden, Gerinnungsstörungen oder eine Autoimmunerkrankung bestehen,
die Schwangere älter als 40 Jahre ist,
sie übergewichtig ist (BMI über 30).
Grundsätzlich gilt: Jede schwangere Frau kann an einer Präeklampsie erkranken, selbst dann, wenn kein einziger der oben genannten Risikofaktoren vorliegt.
Wichtige Hinweise auf eine Präeklampsie geben ein hoher Blutdruck und Eiweiß im Urin. Die „Dopplersonografie“, eine spezielle Ultraschall-Untersuchung, mit der die Geschwindigkeit des Blutes in den Gefäßen gemessen und Gefäßabnormitäten entdeckt werden können, kann die Diagnose Präeklampsie stützen. Sie erlaubt es jedoch oft nicht, eine Präeklampsie von anderen, vergleichsweise harmlosen Bluthochdruckerkrankungen in der Schwangerschaft abzugrenzen.8
Was früher fehlte, war ein einfacher Bluttest, der es ermöglicht, eine Präeklampsie zuverlässig und frühzeitig festzustellen. Bei Frauen, die an Präeklampsie erkrankt sind, finden sich veränderte Blutwerte. Veränderungen kann man bei Proteinen feststellen, welche die Bildung der Blutgefäße (Angiogenese) in der Plazenta steuern: „PIGF“ (Placental Growth Factor) und „sFlt-1“ (soluble Fms-like tyrosine kinase). PIGF hat die Aufgabe, das Entstehen von Blutgefäßen in der Plazenta zu begünstigen, sFlt-1 hingegen unterdrückt deren Bildung.9
Normalerweise ist es im Verlauf einer Schwangerschaft so, dass die Konzentration des Blutgefäße begünstigenden Proteins PIGF während der ersten beiden Schwangerschaftsdrittel stetig ansteigt und im letzten Drittel abfällt. Die Konzentration des Faktors sFlt-1, der die Blutgefäßbildung unterdrückt, bleibt zunächst konstant und erhöht sich zum Ende der Schwangerschaft.
Bei Präeklampsie Patientinnen ist der PIGF-Wert erniedrigt und der sFlt-1-Wert drastisch erhöht. Mithilfe des immunologischen Testsystems können die Konzentrationen der Proteine bestimmt, ins Verhältnis gesetzt und auf diese Weise eine Präeklampsie erkannt und von anderen Bluthochdruckerkrankungen, die in der Schwangerschaft auftreten können, abgegrenzt werden.
Im Wortsinn bedeutet der medizinische Begriff Präeklampsie „vor dem Krampf“ (prä = vor; Eklampsie = Krampf).4 Die Begriffe Gestose, Schwangerschafts-Toxikose oder Schwangerschaftsvergiftung sind Synonyme.10
Weltweit sind etwa 2-8 % aller Schwangeren (unterschiedlich stark) von einer Präeklampsie betroffen.4 In Deutschland tritt die Erkrankung im weltweiten Vergleich weniger häufig auf: Hierzulande erkranken rund 2 von 100 Schwangerschaften daran.10
Die Schwangere kann unter Unwohlsein, Kopfschmerzen und Augenflimmern leiden, Wasser lagert sich unter Umständen im Gewebe ein, vor allem in den Füßen und Knöcheln, auch im Gesicht. Der Arzt stellt oft einen erhöhten Blutdruck (Hypertonie) und Eiweiße im Harn fest (Proteinurie).4
Es handelt sich um eine der häufigsten Schwangerschaftskomplikationen (1-3% der Schwangerschaften, deren Folgen für die werdende Mutter und das ungeborene Kind lebensbedrohlich sein können. Rund 15 % aller Frühgeburten sind in Deutschland auf eine Präeklampsie zurückzuführen.4
Meist wird eine Präeklampsie im letzten Schwangerschaftsabschnitt festgestellt. Sie kann aber auch jederzeit ab der 20. Schwangerschaftswoche auftreten. Solchen frühen Präeklampsien („early onset –Praeklampsien“; ab der 20. bis 34. Schwangerschaftswoche) sind mit besonders ernsthaften Gefahren für Mutter und Kind verbunden.4
Eine engmaschige Überwachung und ggf. eine Überweisung in ein spezialisiertes Zentrum sind wichtig um schwere Komplikationen zu vermeiden. Es kann zu gefährlichen Wassereinlagerungen (Ödemen) in Lunge und Hirn kommen zudem können Leber und Nieren versagen. In schweren Fällen droht eine Eklampsie, eine akute und lebensbedrohliche Komplikation mit Krampfanfällen. Eine zweite lebensbedrohliche Komplikation ist das sogenannte HELLP-Syndrom, das mit einem Zerfall der roten Blutkörperchen und einer Störung des Gerinnungssystems einhergeht.
Häufig und mit sorgfältiger Überwachung passiert dem Kind oft gar nichts.
Muss aufgrund der Präeklampsie die Entbindung früh eingeleitet werden, ist dies mit erheblichen Risiken für das Kind verbunden.
Schätzungsweise 15 % aller Frühgeburten in Deutschland sind auf eine Präeklampsie zurückzuführen.
Aufgrund der Mangelversorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen kann es zu Wachstumsverzögerungen bis hin zum Kindstod kommen.
In den meisten Fällen lässt sich die Präeklampsie bis zur Geburt des Kindes unter Kontrolle halten. Nach der Entbindung erholen sich fast alle Patientinnen rasch wieder, Nierenfunktion und Blutdruck normalisieren sich binnen weniger Tage. Bei wenigen Patientinnen dauert es einige Wochen, bis sich wieder normale Verhältnisse eingestellt haben. Ob und wann die Entbindung erfolgt, entscheidet der Arzt abhängig vom mütterlichen Risiko beim Fortschreiten der Erkrankung und der vom heranwachsenden Kind benötigten Zeit zur Reifung und weiteren Entwicklung.4
Der Nachweis bestimmter Proteine im Blut der Schwangeren macht es erstmals möglich, eine Präeklampsie frühzeitig und eindeutig von anderen, weniger gefährlichen Bluthochdruckerkrankungen in der Schwangerschaft abzugrenzen.5 Der Bluttest kann auch mit hoher Sicherheit vorhersagen, ob sich in den nächsten Wochen eine Präeklampsie entwickeln wird oder nicht.
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Die „Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften“ (AWMF) veröffentlicht auf ihren Internetseiten die Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Schwangerschaftshochdruck/Gestose der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe.
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