Spinale Muskelatrophie

Die Spinale Muskelatrophie, kurz SMA genannt, ist eine seltene, fortschreitende neuromuskuläre Erkrankung, die etwa eines von 10.000 Neugeborenen betrifft (1). Sie ist die häufigste erbliche Erkrankung mit Todesfolge im Säuglingsalter und wird überwiegend bereits im frühen Kindesalter diagnostiziert. (2,3)

Bei SMA werden Nervenzellen, die Muskelbewegungen steuern – sogenannte Motoneuronen – geschädigt, was zum fortschreitenden Verlust dieser Zellen führt. (2)Dadurch leiden die Betroffenen unter zunehmender Muskelschwäche, dem Hauptsymptom der SMA, sowie unter Muskelschwund (Muskelatrophie) und Lähmungserscheinungen. (4)Die SMA ist mehr als eine Erkrankung motorischer Nervenzellen, das heißt, sie beeinträchtigt auch die Funktion anderer Organe wie Herz und Verdauungstrakt.

Ursache der SMA

Die Ursache der Spinalen Muskelatrophie ist eine Mutation, d.h. ein Verlust oder eine Veränderung des so genanntenSMN1-Gens. Dieses Gen bildet den Bauplan für das Protein mit dem Namen „Survival of Motor Neuron“ – kurz SMN. SMN ist in verschiedensten Körperzellen wichtig und spielt u.a. eine entscheidende Rolle, damit Nervenzellen mit Muskelzellen kommunizieren und Muskeln korrekt funktionieren können. (2)Neben demSMN1-Gen gibt es im menschlichen Körper noch ein zweites Gen, um das SMN-Protein herzustellen – dasSMN2-Gen. Allerdings kann der Körper mit Hilfe dieses Gens nur etwa 10% funktionsfähiges SMN-Protein herstellen. (2)

Fällt dasSMN1-Gen wegen des Gendefekts aus, wie es bei Menschen mit SMA der Fall ist, bleibt lediglich dasSMN2-Gen, um das lebenswichtige SMN-Protein herzustellen. In welcher Menge das SMN-Protein gebildet werden kann, hängt wesentlich davon ab, wie viele Kopien desSMN2-Gens ein Mensch mit SMA aufweist. SMA-Patienten mit einer höheren Anzahl anSMN2-Genkopien sind im Regelfall weniger stark von der Krankheit betroffen. Hierdurch ergeben sich dieunterschiedlichen Typen der Erkrankung.

Ursachen, Symptome, Behandlung

Die SMA ist eine so genannte autosomal rezessiv vererbbare Erkrankung. Das bedeutet, es erkranken nur diejenigen Menschen, die von der Mutter und dem Vater jeweils ein fehlerhaftesSMN1-Gen erben. Besitzen die Eltern jeweils eine richtige und eine fehlerhafteSMN1-Genkopie, und sind somit Träger der SMA-Erbanlage, liegt die Wahrscheinlichkeit bei 25%, dass deren Nachkommen an SMA erkranken. (5) Aus Untersuchungen geht hervor, dass etwa 1 von 50 Menschen ein Träger ist. (1)

Das Wissen sowohl um die Auswirkungen desSMN1-Gendefekts auf den menschlichen Körper, als auch um mögliche Behandlungsansätze für Menschen mit SMA ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Diese Chance ergreift

Roche mit seinem Forschungsprogramm - mit dem Ziel, neue Behandlungsmöglichkeiten für Menschen mit SMA zu entwickeln.

Mehr zu Therapieoptionen der SMA finden Sie hier

Vererbung der SMA

Was ist SMA?

  • SMA ist eine Erberkrankung, die sich – in unterschiedlichem Schweregrad – durch fortschreitenden Muskelschwund und motorischen Funktionsverlust zeigt. Verursacht wird SMA durch einen Mangel an SMN-Protein und dem daraus folgenden Absterben von muskelsteuernden Nervenzellen. (2)

  • Häufigkeit: ca. 1 von 10.000 Lebendgeburten pro Jahr. (1)

Typ 1 der Spinalen Muskelatrophie

Die ersten Anzeichen einer SMA Typ 1 treten bei Babys noch vor dem 6. Lebensmonat auf. Die Krankheit zeigt sich in dieser schweren Form durch eine ausgeprägte Bewegungsunfähigkeit. Auch das Atmen und Schlucken fällt den Babys oft sehr schwer. Unbehandelt erreichen Babys mit SMA nie wichtige motorische Meilensteine der kindlichen Entwicklung, wie z.B. die Fähigkeit, ohne Hilfe zu sitzen, und sterben oft vor Erreichen des zweiten Lebensjahres an Lungenversagen. (6)

Jeder Mensch mit SMA ist anders – die drei häufigsten Typen der Erkrankung

Von SMA Typ 2 spricht man, wenn die Kinder (in der Regel im Alter von etwa 7 bis 18 Monaten) den motorischen Meilenstein „Sitzen ohne Hilfsmittel“ erreichen. (6) Im Falle einer Typ 2-Erkrankung ist die motorische Entwicklung dennoch stark verzögert: Die Kinder können zwar ohne Hilfe sitzen, oft brauchen sie jedoch Unterstützung, um in die Sitzposition zu kommen. Sie werden nie stehen oder laufen können. (6,7) Auch bei dieser Form der SMA kann die Lebenserwartung im Vergleich zu gesunden Menschen deutlich verkürzt sein. (7)

Typ 2 der Spinalen Muskelatrophie

Menschen mit SMA Typ 3 sind mindestens zeitweise in ihrem Leben gehfähig. Mit Fortschreiten der SMA können sie diese Fähigkeit jedoch wieder verlieren. (9) Die Muskelschwäche ist bei SMA Typ 3 in den Beinen häufig ausgeprägter als in den Armen. (6) SMA Typ 3 tritt in der Regel nach dem 18. Lebensmonat auf. In sehr seltenen Fällen können sich Symptome aber auch erst im Erwachsenenalter zeigen, hierbei spricht man vom SMA Typ 4. (9) Auch unbehandelt haben Menschen mit SMA Typ 3 im Unterschied zu SMA Typ 1 und 2 eine weitestgehend normale Lebenserwartung. (6)

Typ 3 der Spinalen Muskelatrophie

Die drei häufigsten Typen der SMA und wodurch sie sich auszeichnen

  • SMA Typ 1: In der Regel zeigt sich die SMA bereits im Alter von 0 bis 6 Monaten, die Babys können nur liegen, aber nie sitzen. (6,8)

  • SMA Typ 2: Meist sind Kleinkinder im Alter zwischen 7 und 18 Monaten betroffen.
    Sie können sitzen, aber nie stehen. (6)

  • SMA Typ 3: Die SMA zeigt sich meist bei Kleinkindern nach dem 18. Lebensmonat, sie kann aber auch erstmals bei Menschen im frühen Erwachsenenalter in Erscheinung treten. Die Betroffenen lernen zu laufen, können diese Fähigkeit aber aufgrund der fortschreitenden Erkrankung wieder verlieren. (6)

  • Zu beachten ist, dass die Übergänge zwischen den Typen fließend sind. Jeder SMA-Patient ist anders.

Abhängig vom Schweregrad wirkt sich der Mangel an SMN-Protein auf den ganzen Körper aus und ist mit einer Vielzahl von Komplikationen verbunden. Dazu gehören Atem-, Herz-Kreislauf- und Verdauungsprobleme, Schluckstörungen sowie eine geringere Knochendichte mit erhöhtem Knochenbruchrisiko. (10,11,13,14) Diese Symptome weisen darauf hin, dass das SMN-Protein an wichtigen Grundfunktionen jeder Körperzelle beteiligt ist. (12)

SMA - mehr als eine Erkrankung motorischer Nervenzellen?

Der Verdacht auf SMA besteht bei der schweren Form vom Typ 1 zunächst durch Beobachtung der charakteristischen körperlichen Auffälligkeiten, v.a. der Muskelschwäche in Beinen und Armen. Insbesondere bei Säuglingen ist zudem ein glockenförmiger Brustkorb ein wichtiges Indiz für eine Spinale Muskelatrophie. (4)Da es sich bei SMA-Patienten in vielen Fällen um Kleinkinder handelt, spielen die Eltern eine wichtige Rolle, um krankheitsrelevante Fragen im Rahmen der Diagnostik beantworten zu können. Sicherheit über die Diagnose der SMA liefert eine molekulargenetische Testung. Das bedeutet, dass der Arzt dem Menschen Blut entnimmt. Die darin enthaltenen Zellen werden dann im Labor auf einen Defekt imSMN1-Gen hin untersucht. Eine möglichst rasche Diagnose und der frühe Beginn einer ursächlichen Therapie kann dem Verlust von Motoneuronen bestmöglich vorbeugen und die Behandlungsergebnisse für SMA Patienten erheblich verbessern.

Wie wird die Spinale Muskelatrophie festgestellt?

Die sichere Diagnose einer SMA lässt sich nur über einen Gentest stellen. Hierfür wird dem Patienten Blut entnommen, um die Blutzellen auf einen Defekt imSMN1-Gen hin zu untersuchen.

Therapie der SMA

Aktuelle Behandlungsmöglichkeiten

Seit 2017 ist eine erste medikamentöse Therapie für die Spinale Muskelatrophie in Deutschland verfügbar. Weitere Therapieansätze befinden sich von verschiedenen Firmen in der Entwicklung. Derzeit gibt es zwei unterschiedliche Ansätze. Beide haben zum Ziel, die Menge an funktionsfähigem SMN-Protein zu erhöhen:

über das SMN1-Gen:Ein verändertes Virus bringt ein fehlerfreiesSMN1-Gen in menschliche Zellen ein (so genannte Gentherapie).

über das SMN2-Gen:Das Medikament verbessert die Übersetzung desSMN2-Gens in funktionsfähiges SMN-Protein (sogenannte „Splicing-Modifikation“).

Gemäß Expertenempfehlung erfordert die Behandlung von SMA-Patienten aufgrund der Komplexität der Erkrankung eine umfassende, fachübergreifende medizinische Versorgung. Sie setzt sich aus den folgenden acht Bereichen zusammen: Ernährung, Orthopädie, Rehabilitation, Lungenversorgung, Akutversorgung, Medikation und Versorgung anderer Organe. Zudem können Rehabilitationsmaßnahmen wie regelmäßige Physiotherapie Menschen mit SMA dabei helfen, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. (4)

Welche Behandlungsmöglichkeiten der SMA gibt es?

  • Medikamentös

  • Ein fehlerfreiesSMN1-Gen in die Zellen bringen (Gentherapie)

  • Bessere Übersetzung desSMN2-Gens in funktionsfähiges SMN-Protein

  • Symptomatische Therapie

  • Atemunterstützung

  • Physiotherapie

  • Orthopädietechnik

Diagnose der SMA

Bis heute mehren sich die Hinweise, dass der Mangel an SMN-Protein nicht nur Auswirkungen auf die muskelsteuernden Nervenzellen hat, sondern auch die normalen Aufgaben anderer Körperzellen beeinträchtigt. (11,15)Vor diesem Hintergrund haben wir bei Roche ein langfristiges Forschungsprogramm zur Spinalen Muskelatrophie aufgesetzt. Ziel ist es, auf Grundlage der neuesten Erkenntnisse moderne Behandlungs­möglichkeiten zu entwickeln, die das Leben von Menschen mit SMA nachhaltig verbessern können.

Die Forschung zur SMA geht weiter

Bei Menschen mit Spinaler Muskelatrophie geht es nicht nur um die Erkrankung selbst. Die Auswirkungen der SMA spielen im täglichen Leben der Patienten und ihrer Angehörigen eine große Rolle. Da es sich um eine sehr komplexe Erkrankung handelt, müssen Menschen mit SMA von einem interdisziplinären Expertenteam aus Neurologen bzw. Neuropädiatern, Pneumologen, Orthopäden, Gastroenterologen und Physiotherapeuten unterstützt werden. Dabei ist es häufig eine Herausforderung, die vielen, regelmäßigen Untersuchungen in den Tagesablauf zu integrieren. Vor allem die schweren Formen der SMA, die im frühen Kindesalter auftreten, sind für die Familien eine enorme Belastung – gerade auch im Alltag. Das Gefühl, als Angehöriger allein zu sein, ist nicht selten eine Auswirkung der SMA. Umso wichtiger ist der Austausch mit anderen Menschen mit SMA.

Unter folgenden Links haben Sie die Möglichkeit, sich weiter zu informieren und mit anderen Familien ins Gespräch zu kommen:

Wie wirkt sich die Erkrankung auf das Leben von Menschen mit SMA und ihre Angehörigen aus?

Referenzen

  1. Verhaart IEC, et al. Prevalence, incidence and carrier frequency of 5q-linked spinal muscular atrophy - a literature review. Orphanet J Rare Dis 2017; 12:124.

  2. Bowerman M, et al. Therapeutic strategies for spinal muscular atrophy: SMN and beyond. Dis Model Mech 2017; 10:943-954.

  3. Borasio G, et al. Diagnostik Spinaler Muskelatrophien.[Consensus paper: diagnosis of spinal muscular atrophies.]. Nervenheilkunde 2001; 20:113-118.

  4. Mercuri E, et al. Diagnosis and management of spinal muscular atrophy: Part 1: Recommendations for diagnosis, rehabilitation, orthopedic and nutritional care. Neuromuscul Disord 2018; 28:103-115.

  5. SMA Europe, SMA Genetik,

    https://www.sma-europe.eu/essentials/spinal-muscular-atrophy-sma/the-genetics-of-spinal-muscular-atrophy/ (letzter Zugriff: 22.08.2019).

  6. Kolb SJ, Kissel JT. Spinal Muscular Atrophy. Neurol Clin 2015; 33:831-846.

  7. SMA Europe, SMA Typ 2,

    https://www.sma-europe.eu/essentials/spinal-muscular-atrophy-sma/type-2/ (letzter Zugriff: 22.08.2019).

  8. SMA Europe, SMA Typ 1,

    https://www.sma-europe.eu/essentials/spinal-muscular-atrophy-sma/type-1/ (letzter Zugriff: 22.08.2019).

  9. SMA Europe, SMA Typ 3,

    https://www.sma-europe.eu/essentials/spinal-muscular-atrophy-sma/type-3/ (letzter Zugriff: 22.08.2019).

  10. Lipnick SL, et al. Systemic nature of spinal muscular atrophy revealed by studying insurance claims. PLoS One 2019; 14:e0213680.

  11. Simone C, et al. Is spinal muscular atrophy a disease of the motor neurons only: pathogenesis and therapeutic implications? Cell Mol Life Sci 2016; 73:1003-1020.

  12. Farrar MA, et al. Emerging therapies and challenges in spinal muscular atrophy. Ann Neurol 2017; 81:355-368.

  13. Finkel RS, et al. Diagnosis and management of spinal muscular atrophy: Part 2: Pulmonary and acute care; medications, supplements and immunizations; other organ systems; and ethics. Neuromuscul Disord 2018; 28:197-207.

  14. Nash LA, et al. Spinal Muscular Atrophy: More than a Disease of Motor Neurons? Curr Mol Med 2016; 16:779-792.

  15. Shababi M, et al. Spinal muscular atrophy: a motor neuron disorder or a multi-organ disease? J Anat 2014; 224:15-28.

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