Thrombophilie

Von einer Thrombophilie sprechen die Ärzte, wenn ein Mensch für Thrombosen anfällig ist: Aufgrund einer verstärkten Neigung des Blutes zu gerinnen, bilden sich häufig Blutgerinnsel, die Gefäße zu verschließen drohen. Die gegensätzliche Krankheitserscheinung, ist die Bluterkrankheit, die Hämophilie. Bei dieser Störung kommen Blutungen nur schlecht zum Stillstand, weil die Blutgerinnung stark eingeschränkt ist.

Für eine Thrombophilie ist charakteristisch, dass sich Thrombosen häufig schon in jungen Jahren ereignen, in der Familie häufig vorkommen und Blutgefäße betreffen, die für Thrombosen sonst eher untypisch sind, beispielsweise die Venen des Darms oder Gehirns, der Augen oder Arme.

Erworbene und erbliche Faktoren

Die Thrombophilie ist eine so genannte multifaktorielle Krankheit, das bedeutet: Es kann nicht nur eine Ursache ausgemacht werden, vielmehr sind verschiedene Faktoren verantwortlich, die sich oft gegenseitig verstärken.

Bei der Thrombophilie spielen erworbene (nicht genetische) und erbliche (genetische) Risikofaktoren ineinander. Zu den erworbenen Risikofaktoren zählen Übergewicht, Rauchen, die Einnahme der Anti-Baby-Pille, Mangel an Bewegung, längere Bettlägerigkeit nach Krankheit oder Operation, Herzschwäche oder eine Krebserkrankung. In den letzten Jahren haben die Wissenschaftler außerdem genetische Risikofaktoren in Form von Genveränderungen (Mutationen) identifizieren können, die das Risiko, eine Thrombose zu erleiden, deutlich erhöhen. Die wichtigsten heute bekannten Mutationen sind „Faktor V Leiden“ und „Faktor II (Prothrombin-) Mutation 20210“.

Diese erblichen Risikofaktoren haben Einfluss auf

  • die Wahrscheinlichkeit zu erkranken,

  • das Alter, in dem die Erkrankung auftritt,

  • Schwere und Verlauf der Erkrankung.

Faktor V Leiden

„Faktor V Leiden“ heißt die Genveränderung, weil sie 1993 von einer Wissenschaftlergruppe in der niederländischen Stadt Leiden entdeckt worden ist. Von der Mutation betroffen ist ein Gen auf Chromosom 1. Dieses Gen trägt die Information zur Produktion eines für die Blutgerinnung wichtigen Proteins, des Gerinnungsfaktors V (kurz Faktor V). Bei der Mutation handelt es sich um eine Punktmutation: Lediglich eine Base des Gens ist an Position 1691 des Chromosoms 1 verändert; und zwar ist die Base Guanin gegen Adenin ausgetauscht. Der Austausch hat auch Folgen für das Produkt des Gens, den Blutgerinnungsfaktor V: Wenn er in der Zelle produziert wird, wird statt der Aminosäure Arginin die Aminosäure Glutamin eingebaut

Der Faktor V hat eine bedeutende Aufgabe: Einmal aktiviert, hält er die Blutgerinnung in Gang. Sein Gegenspieler im ausbalancierten System der Blutgerinnungsfaktoren ist das Protein C. Aktiviertes Protein C, kurz APC genannt, spaltet den Blutgerinnungsfaktor V und macht ihn dadurch unwirksam: Die Gerinnung des Blutes stoppt.

Wenn aber das Gen für Faktor V mutiert ist, kann die korrekte Bauweise des Proteins nicht gewährleistet werden. Der Baufehler hat zur Folge, dass sein natürlicher Gegenspieler (Protein C) nicht an Faktor V binden, ihn spalten und deaktivieren kann. Das Ergebnis des winzigen Fehlers auf molekularer Ebene ist, dass das Blut auch dann noch gerinnt, wenn die Gerinnungskaskade längst hätte gestoppt werden müssen.

„Faktor-V-Leiden“, die Mediziner sprechen auch von einer „APC-Resistenz“, ist der häufigste genetisch bedingte Risikofaktor für das Entstehen von Thrombosen. Besonders im nordeuropäischen Raum ist die Mutation verbreitet. Bei Menschen, die so genannte heterozygote Merkmalträger sind und sonst keine weiteren Risikofaktoren haben, ist die Thrombosegefahr etwa um das Fünf- bis Zehnfache erhöht. Bei einem heterozygoten Merkmalträger ist nur eines der beiden Gene für Faktor V, die natürlicherweise in jeder Körperzelle vorhanden sind, mutiert. Sind beide Gene von der Mutation betroffen (homozygote Merkmalträger), erhöht sich die Gefahr um das 50- bis 100fache. Diese Menschen sind hochgradig gefährdet, eine Thrombose zu erleiden.

Faktor II (Prothrombin-)Mutation 20210

Die zweite verbreitete Mutation betrifft das Gen für den Gerinnungsfaktor Prothrombin (auch Faktor II genannt). Prothrombin wird im Laufe der Blutgerinnung zu Thrombin umgewandelt. Thrombin wiederum bewirkt, dass inaktives Fibrinogen in aktives Fibrin übergeht und ein Blutgerinnsel aufgebaut wird.

Das Gen für Prothrombin befindet sich auf Chromosom 11. Seine Mutation wurde erstmals 1996 beschrieben, auch hierbei handelt es sich um eine Punktmutation: Die Base Guanin ist durch Adenin ersetzt und zwar genau an Position 20210. Die Mutation wird daher auch „Prothrombin-Mutation 20210“ genannt. Bei dieser Region des Gens handelt es sich nicht um ein Exon, also um denjenigen Genbereich, der die Information für den Bau des Proteins trägt, sondern um ein Intron, den regulativen Bereich des Gens. Die Konsequenz: Das Protein wird von den zellulären Produktionsstätten zwar korrekt hergestellt, sie produzieren aber zu viel davon. Zu viel Prothrombin aber erhöht die Gerinnungsneigung des Blutes. Bei 10 bis 20 Prozent der Patienten, die wegen einer Thrombose im Krankenhaus behandelt wurden, haben die Wissenschaftler eine solche Prothrombin-Mutation festgestellt. Sie gehen davon aus, dass Menschen mit dieser Mutation ein dreifach erhöhtes Risiko haben, eine Thrombose zu erleiden.

Jüngsten Forschungsergebnissen nach scheinen Faktor V Leiden und die Prothrombin-Mutation häufig kombiniert aufzutreten, was das Thrombose-Risiko zusätzlich erhöht.

Was ist eine Thrombophilie?

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