Der genaue Ursprung mutigen Handelns lässt sich im Falle von Jürgen Flach nur schwer zurückverfolgen. Das liegt aber eher daran, dass zwei starke Erklärungsansätze miteinander konkurrieren. Beiden kann Flach etwas abgewinnen.
Er ist seit jeher ehrgeizig, selbstsicher, kämpferisch gewesen. „Ich habe mit meiner Meinung nie hinterm Berg gehalten, bin ein Kämpfertyp und gehe für eine Überzeugung auch mal ins Risiko“, sagt er. Zum Beispiel wie vor über 30 Jahren, als Jürgen Flach bei Boehringer Mannheim einen PC anschaffte. „Den allerersten für den Vertrieb“, wie er betont. Sein Divisionsleiter schmunzelte über das „Spielzeug“, Flach redete über Effizienzsteigerung. Doch Flach liefert noch eine andere Erklärung für seine Bereitschaft, etwas zu wagen. „Im 12. Jahrhundert kamen meine Vorfahren aus Schweden an den Hof von Friedrich I. – ich habe also Wikinger-Gene in mir“, erzählt Flach.
Dies erkläre etwa seinen Drang, die Welt zu sehen. 82 Länder, die über alle fünf Kontinente verstreut sind, habe er bereist, lange arbeitete er in den USA. Jürgen Flach spricht von "Abenteuerlust". Und die packte ihn selbst im Moment seines schwersten Schicksalsschlags.
Anfang 2014 erhielt er die Diagnose chronisch lymphatische Leukämie (CLL), eine Form von Blutkrebs. Schockstarre, Wut, kein Boden mehr unter den Füßen? Allenfalls eine kurze Episode. „Klar dachte ich, wie zynisch es doch manchmal im Leben zugeht. Ich hatte ja eine halbe Ewigkeit in der medizinischen Diagnostik mit derartigen Krankheiten zu tun.“ Das war dann auch schon alles an Gram. „Es klingt komisch, aber ich nahm die Diagnose ziemlich gelassen auf“, sagt Flach heute.
Einer seiner ersten Anrufe galt einem ehemaligen Kollegen. Dieser erzählte ihm von einem neuen Antikörper der in den USA zugelassen war, in Deutschland jedoch noch in einer Verträglichkeitsstudie steckte.
Und genau hier zeigt sich Jürgen Flachs Mut. Obwohl es kaum klinische Erfahrungen mit dem Präparat gab und gut wirksame Alternativen auf dem Markt waren, wollte er unbedingt an der Verträglichkeitsstudie teilnehmen.
„Mir war auch klar, dass ich mit dieser in Deutschland noch nicht zugelassenen Therapie ein Risiko eingehe, schließlich war die Studienlage trotz US-Zulassung noch recht dünn“, sagt er. „Doch ich fragte mich: ‚Will ich deswegen die Chance auf eine vielversprechende, wahrscheinlich effektivere Behandlung verpassen?‘ Also schob ich jegliche Bedenken zur Seite.“ Sein Leben lang sei er nach dem Trial-and-Error-Prinzip vorgegangen, unterzog eine vielversprechende Idee immer dem Realitätscheck.
Bei den wichtigsten Entscheidungen blieb das Scheitern aus. Und er sollte auch mit seiner Therapiewahl richtig liegen. Die Werte sind stabil, Jürgen Flach sieht sich als geheilt. Ein wenig Glück im Risiko gehörte natürlich dazu. Aber in unbekannten Gewässern fühlen sich Wikinger nun mal bekanntlich am wohlsten.
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