Der Datendetektiv

Wie Thomas Wieland und seine Kolleginnen und Kollegen manchen Krebspatienten ein zweites Leben schenken

„Das kleine Mädchen kommt bereits Ende der Woche wieder zum Arzt – könnten Sie uns die Testergebnisse bis dahin zusenden?” Es sind ärztliche Anfragen wie diese, die Thomas Wieland (im Bild oben mit Geschäftsführerin Vera Grossmann) und sein Team dazu motivieren, nach Dienstschluss doch noch einmal den Rechner anzuwerfen oder morgens trotz winterlichen Zwielichts eine Stunde früher aufzustehen. Thomas ist bei der Roche-Tochtergesellschaft

Foundation Medicine als Teamleiter für die Qualitätskontrolle von Daten zuständig, die im wahrsten Sinne des Wortes über Leben und Tod von Patienten entscheiden können.

Dem Tumor auf der Spur

Die europäische Niederlassung “Foundation Medicine GmbH” auf dem Roche-Campus in Penzberg in Oberbayern unterzieht Gewebematerial für Patienten aus ganz Europa sogenannten Comprehensive Genomic Profilings. Ähnlich wie in der Kriminalistik wird dabei ein “Täterprofil” erstellt, in diesem Fall eine umfassende Analysen der molekularen Eigenheiten des Tumors. Mehrere hundert krebsspezifische Gene werden dabei von den Datendetektiven von Foundation Medicine auf Mutationen untersucht. Der entstehende Steckbrief bietet oftmals Ansatzmöglichkeiten für eine erfolgversprechende Therapie.

Gerade das Zusammenspiel zwischen den Tests von Foundation Medicine und neuen Behandlungsmethoden wie der Krebsimmuntherapie bringt Menschen Hoffnung, die mit ihrem Leben schon fast abgeschlossen hatten. „Gelegentlich besuchen uns Patienten und erzählen uns ihre Geschichte. Da fallen dann Sätze wie ‘Meine Lunge war komplett mit Tumoren gefüllt. Bereits zwei Wochen nach Behandlungsbeginn konnte ich wieder leichter atmen und nach einem Monat war der Tumor verschwunden’”, berichtet Thomas. Erst das detaillierte Tumorprofil brachte die Behandler auf die Spur der richtigen Therapie.

Bis zu 25 Gigabyte Daten entstehen im Profiling-Prozess, der meist nach folgendem Muster abläuft. Das Gewebematerial wird in Form von Paraffinblöcken in Penzberg angeliefert. Daraus wird – eine entsprechende Eignung des Materials vorausgesetzt – die Erbsubstanz des Tumors extrahiert. Im nächsten Schritt lesen Sequenziermaschinen die Erbinformationen aus und die selbst entwickelten Analysealgorithmen von Foundation Medicine suchen nach Mutationen, die das Tumorwachstum verursacht haben. Bei der nun folgenden Qualitätskontrolle kommen Thomas und sein Team ins Spiel. „Wir überprüfen die Ergebnisse der vollautomatischen Analysen bei jedem einzelnen Patienten und kümmern uns gleichzeitig darum, die Algorithmen immer weiter zu entwickeln.” Im letzten Schritt geht der Bericht über vorliegende Mutationen an ein Team aus Wissenschaftlern, die dann anhand der geltenden Leitlinien zur Behandlung und aktueller Fachliteratur Empfehlungen abgeben. Neun bis zehn Kalendertage dauert der Prozess normalerweise.

Die Qualitätskontrolle durch Thomas und sein Team erfordere viel Expertise in verschiedenen Bereichen von der Informatik bis zur Biologie, sagt der 34-Jährige. Sein eigenes Fachwissen hat er sich in einem Studium der Bioinformatik angeeignet, dass ihn nach einem Bachelorstudium in Österreich ans King's College in London und danach zur Promotion ans Helmholtz-Zentrum in München geführt hat. Dort forschte er unter anderem über die Diagnostik seltener Erkrankungen. Seit etwas mehr als drei Jahren ist Thomas nun bei Foundation Medicine. Bereut hat er den Wechsel nie, was nicht nur an der malerischen Berglandschaft im Umfeld des Penzberger Standorts liegt, die dem passionierten Wanderer und Skifahrer vielfältige Möglichkeiten bietet.

„Genetische Daten sind etwas sehr persönliches”

„Da wir direkt mit Patientendaten arbeiten, bekommen wir täglich mit, wie wir mit unserer Arbeit das Leben anderer Menschen positiv beeinflussen können. Das ist unglaublich motivierend, auch wenn wir diese Menschen natürlich nicht kennen”, erzählt Thomas. Die einzige Information, die er und sein Team erhalten, ist das Geburtsdatum und die Diagnose. Und natürlich das Gewebematerial. „Die darin enthaltenen genetischen Daten sind so persönlich wie ein Fingerabdruck. Das liegt in der Natur der Sache”, sagt Thomas. Entsprechend sorgfältig gehen die Mitarbeiter von Foundation Medicine mit den Gesundheitsdaten der Patienten um und entsprechend hoch sind die Standards für Datensicherheit und Datenschutz. Viele Patienten willigen ein, die weltweit gewonnen Sequenzierdaten für Forschungszwecke zu nutzen, und so verwaltet Foundation Medicine in Cambridge mehr als 450.000 Tumorprofile – das entspricht mehreren Petabyte Daten. Tendenz stark steigend. Denn nur durch große Datenmengen und deren Auswertung, nicht aber die persönlichen Informationen des Einzelnen, können neue Impulse für die Krebsforschung generiert werden – und dafür teilen viele Patienten gerne.

Daten: ein wichtiger Baustein für Innovation im Gesundheitswesen

Patienten- und Gesundheitsdaten werden nicht nur für Krankenkassen und die universitären Forschung immer wichtiger. Sie spielen auch für die Arbeit von Healthcare- und Biotech-Unternehmen eine immer größere Rolle. Im Rahmen einer Serie stellen wir Spezialisten bei Roche vor, die mit Daten arbeiten und erklären, wie sie sie einsetzen.

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