Das Prinzip scheint so einfach wie genial: Krebsimmuntherapien trainieren die Abwehrtruppen des menschlichen Immunsystems darauf, Krebszellen im Körper zu bekämpfen. Bei manchen Patienten erzielen sie durchschlagende Erfolge, bei anderen zeigen sie kaum Wirkung. „Es gibt die unterschiedlichsten Hypothesen, warum Patienten so unterschiedlich auf Immuntherapien ansprechen. Zum Beispiel gibt es Patienten bei denen das Immunsystem, genauer die T-Zellen kaum reagieren, sie sind tatsächlich "erschöpft". Doch bislang kann dies nicht vorhergesagt werden”, sagt Franziska Braun, Wissenschaftlerin in der Abteilung Data Science bei Roche in Penzberg. Gemeinsam mit ihrem Team erforscht sie die Geheimnisse dieser Zukunftstechnologie.
Dazu setzt sie auf Big Data, also auf gewaltige Datenmengen, die sie mit immer ausgeklügelteren Algorithmen nach Mustern durchsucht. „In einer aktuellen Forschungsarbeit untersuchen wir zum Beispiel an einem Datensatz von rund 900 Patienten aus mehreren unserer klinischen Studien, wie sich eine vorhergehende Immuntherapie auf künftige immuntherapeutische Behandlungen auswirkt”, erklärt Franziska. Wie ist der Status des Immunsystems vor Beginn der Therapie? Können dadurch Autoimmunerkrankungen entstehen? Diese und andere Fragen soll die Forschungsarbeit klären und bietet so einen echten Mehrwert, weil Patienten dadurch letztendlich besser und zielgerichteter behandelt werden können.
„Mit dem von uns entwickelten Real World Prognostic Score können wir vorhersagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Patient längerfristig an einer klinischen Studie teilnehmen kann. Falls diese Wahrscheinlichkeit eher klein ist, kann der Patient auf eine Teilnahme und die damit verbundenen Anstrengungen verzichten und frühzeitig auf eine vielleicht wirkungsvollere Behandlung umgestellt werden.”
Franziska Braun
Franziska forscht jedoch nicht nur selber, sie kümmert sich auch um wissenschaftlichen Nachwuchs und hält Kontakt zur akademischen Welt. „Wir kooperieren mit verschiedenen Einrichtungen wie der University of Oxford oder der Munich School for Data Science, die unter anderem von der Ludwig-Maximilians-Universität München getragen wird, und tauschen Ideen, aber auch Personal aus”, sagt die 36-Jährige. Und das geht so: Stoßen Franziska oder Kollegen auf eine interessante Forschungsfrage, die im Arbeitsalltag nicht bearbeitet werden kann, schreibt Roche gemeinsam mit einer Universität eine entsprechende Master- oder Doktorarbeit aus. Diese bearbeitet dann ein Studierender oder ein Doktorand. Dies ist meist mit keiner großen Umstellung verbunden, denn wissenschaftliche Sorgfalt zähle zu einem der grundlegenden Prinzipien bei Roche. Sie selbst hat im Bereich Bildanalyse und Systembiologie an der Friedrich Schiller Universität in Jena promoviert und dann eine auf ein Jahr befristete Postdoc-Stelle am Rheumaforschungszentrum in Berlin bekleidet, bevor sie zu Roche gewechselt ist. Ein Wechsel, den sie nie bereut hat. Wegen der bereits angesprochenen wissenschaftlichen Exzellenz. Weil sie immer wieder Neues lernen könne und viele Freiheiten bekomme, ihren Wissensdurst zu stillen. Vor allem aber wegen ihrer tollen Kolleginnen und Kollegen, die fast wie eine Familie für sie seien.
Franziskas Kollegin Anna Bauer-Mehren erklärt im vfa-Podcast, warum die Medizin von morgen Daten braucht.
2017 starben 9,6 Millionen Menschen an einer Tumorerkrankung. 1990 waren es noch 5,7 Millionen.
65 Prozent aller Bundesbürger finden, dass mehr Tempo beim Ausbau digitaler Gesundheitsangebote nötig ist.
Sogenannte Real-World-Daten werden für die Pharmaforschung immer wichtiger. Rund 90 Prozent der nutzbaren Patientendaten entstammen Patientenakten der Krankenhäuser und anderen Quellen des Versorgungsgeschehens.
Die weltweiten Daten aus dem Healthcare-Bereich umfassten 2018 1.218 Exabytes. 2025 werden es voraussichtlich mehr als 10.000 Exabytes sein.
Ob ihr Wissenshunger denn Abends gestillt sei, wenn die Wohnungstür hinter ihr zugefallen ist und die zwei kleinen Söhne ihre Mutter in Beschlag nehmen? Keineswegs. Denn auch nach Feierabend beschäftigt sich die gebürtige Thüringerin gerne mit Wissenschaft. „Mein Steckenpferd ist die Astrophysik. Ich lese zum Beispiel wissenschaftliche Blogs wie „Starts With A Bang” von Ethan Siegel”, berichtet sie. Ausgleich findet Franziska beim Radfahren oder beim Wandern. Gerne erkundet sie mit ihren Kindern die nähere Umgebung. „Im Moment üben wir uns im Fährtenlesen”, erzählt sie lachend. Ihre Kinder seien ja auch so etwas wie kleine Wissenschaftler, die die Welt und das Neue darin erkunden. Kein Wunder, bei dieser Mama.
Patienten- und Gesundheitsdaten werden nicht nur für Krankenkassen und die universitären Forschung immer wichtiger. Sie spielen auch für die Arbeit von Healthcare- und Biotech-Unternehmen eine immer größere Rolle. Im Rahmen einer Serie stellen wir Spezialisten bei Roche vor, die mit Daten arbeiten und erklären, wie sie sie einsetzen.
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