Mit ihrer Einführung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts läuteten Antibiotika eine neue Ära für die Menschheit ein und retteten in großem Umfang Leben. Von Ohrenschmerzen bis hin zu Tuberkulose konnten häufige bakterielle Infektionen, die sich einst als tödlich erwiesen hatten, endlich geheilt werden.
Eine der Schlüsselfiguren dieser Revolution war Erika Böhni, eine Bauerntochter aus einem kleinen Ort in der Schweiz. Die junge Mikrobiologin und Chemikerin kam 1951 zu Roche, als das Unternehmen gerade begann, sich auf dem Gebiet der antibakteriellen Forschung einen Namen zu machen. Die 29-jährige ETH-Absolventin interessierte sich brennend für das Thema, und wenn sie einmal von einer Sache überzeugt war, setzte sie sich leidenschaftlich und temperamentvoll dafür ein.
Erikas messerscharfer wissenschaftlicher Verstand und ihre Selbstdisziplin waren legendär, und schon in den 1960er Jahren hatte sie eine Lösung gefunden, die niemand glaubte: die Kombination der beiden Wirkstoffe Sulfamethoxazol und Trimethoprim. Mit ihren Worten: "Die Leute dachten, 'Böhni ist verrückt geworden'. Bis andere Bakteriologen die Tatsache bestätigten. Es war eine fantastische, aufregende Zeit."
- Erika Böhni, Als Reaktion auf Komplimente nach einem Vortrag
Es zeigte sich, dass diese Kombination zwei Schritte in der bakteriellen Synthese von Folsäure spezifisch blockiert und so das Bakterienwachstum stoppt. Ein auf ihrer verrückten Idee basierendes Medikament wurde 1969 auf den Markt gebracht und ist seitdem fast zwei Milliarden Mal eingesetzt worden - auch in generischen, preiswerteren Versionen -, um Infektionen der Atemwege, der Harnwege, der Genitalien, des Magen-Darm-Trakts und der Nieren zu heilen oder zu lindern. Auch heute noch ist es eine hochwirksame Behandlung für eine der häufigsten opportunistischen Infektionen bei AIDS-Patienten.
Erika wusste, dass sie mehr war als ein wissenschaftliches Genie. Sie war auch sehr geschäftstüchtig und wurde 1971 in den Verwaltungsrat berufen - als dritte Frau in dieser Position überhaupt. Aber sie war nie weit weg vom Labor. Am Ende ihrer Karriere hatten es vier der Medikamente, an denen sie arbeitete, in die Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation geschafft. Da sie nie untätig war, entdeckte Erika nach ihrer Pensionierung bei Roche 1984 ein weiteres geheimes Talent: Sie wurde Autorin von Kinder- und Jugendbüchern.
Während ihrer gesamten Laufbahn feierten Antibiotika einen weltweiten Erfolg, und es schien, als könne sie nichts aufhalten. Bis die Natur begann, zurückzuschlagen.
Bakterien entwickeln sich als Reaktion auf Antibiotika weiter und unterminieren so langsam die Wirksamkeit der Behandlungen. Dieses Problem ist in Ländern mit hohem Einkommen nur die Spitze des Eisbergs, hat aber bereits unverhältnismäßige Auswirkungen auf Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen, in denen die öffentliche Gesundheitsinfrastruktur weniger robust ist. Während früher tödliche Infektionen fast 100 Jahre lang unter Kontrolle gehalten werden konnten, sind heute multiresistente Erreger allgegenwärtig.
Vorbei sind die Zeiten, in denen wir uns darauf verlassen konnten, dass eine mutige, "verrückte" Person wie Erika Böhni eine lebensrettende Idee hat. Die einzige Möglichkeit, der globalen Epidemie zu begegnen, ist eine völlig neue Klasse von Antibiotika, gegen die keine Resistenzen bekannt sind. Und der einzige Weg dorthin ist eine interdisziplinäre, globale Industrieallianz, die partnerschaftlich zusammenarbeitet, um die Mechanismen hinter der Antibiotikaresistenz zu bekämpfen.
Links zu Websites Dritter werden im Sinne des Servicegedankens angeboten. Der Herausgeber äußert keine Meinung über den Inhalt von Websites Dritter und lehnt ausdrücklich jegliche Verantwortung für Drittinformationen und deren Verwendung ab.