„Mut bedeutet durchzuhalten“

Mit 54 Jahren erhält Petra Mayer die Diagnose Brustkrebs. Heute, zwei Jahre nachdem sie die Krankheit besiegt hat, blickt sie zurück: Auf eine kräftezehrende Therapie, mutiges Verhalten und Menschen, die ihr zur Seite standen.

Die Reisen! Ich muss versuchen, irgendwie die Reisen zu stornieren.“ Drei Trips hatte Petra Mayer kurz vor Ihrer Krebs-Diagnose gebucht. Einen Urlaub wollte sie ihrem Vater schenken, doch als ihm seine Tochter den Grund für das unverhoffte Angebot nennt, bricht für ihn eine Welt zusammen. Brustkrebs – die Krankheit, mit der bereits Petra Mayers Mutter zu kämpfen hatte.

Wenige Stunden vor dem Telefonat mit ihrem Vater hatte die Münchnerin bei einer Hilfe-Hotline

Informationen über ihre Krankheit und die Behandlung eingeholt. „Mein Tumor erwies sich als viel aggressiver als der meiner Mutter“, erklärt sie. „Aber es stand sehr gut um meine Heilungschancen, nicht zuletzt, weil es Therapien gab, die genau auf meine Form des Brustkrebses abgestimmt waren.“

„Ich wollte noch diesen einen Urlaub in Portugal machen, ohne Chemo, mit Haaren – als komplette Frau sozusagen“

„Ich wollte noch diesen einen Urlaub in Portugal machen, ohne Chemo, mit Haaren – als komplette Frau sozusagen“, erinnert sich Petra Mayer. „Noch einmal genießen, nicht an den Krebs denken“ – das sei wichtig für die Psyche gewesen. Denn die Behandlung, so viel stand fest, würde sie vor eine immense Belastungsprobe stellen

Eine Belastungsprobe über die sie heute mit klarer Stimme spricht. Die Errungenschaften der modernen Medizin haben ihr das Leben gerettet. Es folgten Chemotherapie, Operation und Bestrahlung. „Die Chemo saugte mich innerlich regelrecht aus, die Bestrahlung verursachte eine Entzündung am Kiefer und ein Brustödem“, erklärt Petra Mayer. Zeitweise rebellierte zudem ihr Darm derart heftig, dass sie kaum transportfähig war.

Und dann kratzten da noch die optischen Veränderungen an ihrem Selbstvertrauen. „Manchmal schaute ich in den Spiegel und sah ein Monster, war kreidebleich, erkannte meine Augen nicht wieder“, erinnert sie sich. Außerdem kamen auch von außen unschöne Reaktionen: Die Nachbarn mieden sie, wechselten sogar die Straße. „Wahrscheinlich aus Angst, mich anzusprechen“, so ihre Mutmaßung.

Den Mut verlor Petra Mayer jedoch zu keiner Zeit. „Grundsätzlich wusste ich ja um meine gute Prognose, also musste ich ‚lediglich’ den Mut aufbringen, die Erkrankung anzunehmen.“

„Denn genau das bedeutet Mut für mich: durchhalten und das Beste aus einer gegebenen Situation machen.“

Und doch gab es Momente, in denen die Zweifel zu überwiegen drohten. Genau dann sprangen Andere in die Bresche. Allen voran die Familie – der Vater, ihr Ehemann und die beiden Töchter. Und dann war da noch eine Frau, die Petra Mayer als ihre Seelenfreundin bezeichnet: eine angeheiratete Verwandte, die während ihrer Therapie im Alter von 90 Jahren verstarb, mit der sie aber noch heute im Kopf so manches Zwiegespräch führt.

Heute, mehr als ein Jahr nach Ende der abschließenden Antikörpertherapie, möchte Petra Mayer anderen Betroffenen helfen – auf kreativem Weg. Bis zum Ende ihrer Reha hatte die Germanistin 49 Mutmach-Gedichte verfasst. Fünf weitere kamen noch hinzu. „Mit 54 Jahren erhielt ich die Diagnose Brustkrebs, mit dem 54. Gedicht wollte ich die Krankheit endlich hinter mir lassen.“

„Nur einer kann mich verstehen und mit mir in die Zukunft sehen. Das bin ich ganz allein, mit allen Narben, die sind mein.“ Petra Mayer

Was die Leserinnen erwartet? Vielleicht wird das am ehesten deutlich, wenn Petra Mayer darüber spricht, wie der Brustkrebs ihr eigenes Denken verändert hat. Irgendwann habe sie akzeptiert, dass ihr altes Leben Geschichte sei. „Bildlich gesprochen bin ich seit meiner Kindheit immer geradeaus gegangen, nach der Diagnose Krebs nahm ich eine Abzweigung“, betont sie. „Und ganz gleich, ob ich in ein paar Jahren wieder eine andere Richtung einschlagen muss: Ich werde an wunderbare Orte gelangen.“

„Heute kann ich jedem Menschen nur raten, auf den eigenen Körper zu hören, sich nicht von der Schnelllebigkeit des Alltags unter Druck setzen zu lassen“, betont sie. Und so wird Petra Mayer auch nichts überstürzen, was den Wiedereintritt ins Berufsleben betrifft. Nichtsdestotrotz ist die Stelle als Lehrerin für sie mehr Berufung als Beruf und sie ist fest entschlossen, wieder in den Schulalltag zurückzukehren.

Darüber hinaus gilt es, so manche verschobene Reise nachzuholen. Land, Leute und Kultur in anderen Ecken der Welt kennenlernen, das reizt Petra Mayer seit jeher. „Ob China, Indien, Südafrika oder meine Europareise kurz vor dem Abitur – die Neugier überwog stets die Bedenken“, stellt sie fest. Also wird es sie bald wieder in die Ferne ziehen. Vielleicht in trauter Zweisamkeit mit ihrem Mann, vielleicht mit der ganzen Familie – den Menschen, die ihr jeden Tag auf’s Neue die Kraft und den Mut geben, das Leben anzupacken. Auf jeden Fall aber reist sie – wie sie es selbst ausdrückt – „als komplette Frau“.

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