Star-Trek-Fans haben aus ihrer Lieblingsserie wahrscheinlich zwei Träume für ihren Alltag mitgenommen. Erstens: Die nächste Urlaubsreise soll am besten ganz geschwind und ressourcenschonend per Beamen erfolgen. Zweitens: Die Erkundung fremder Umgebungen findet auf dem Holodeck statt. Landschaften, Gebäude und bestimmte Räumlichkeiten werden hier in einer täuschend echten Simulation erlebbar.
Christopher Grieser kann diesem Science-Fiction-Szenario viel abgewinnen. Der Leiter der Abteilung Lab Design, Visualization & Virtual Reality von Roche weiß zwar: Mit dem Beamen wird es nicht klappen. Und dennoch kann er seinen Geschäftskunden – Laborbetreiber aus aller Welt – so manche beschwerliche Reise ersparen. Eben weil die Realisierbarkeit des Holodecks kein Science-Fiction mehr ist.
Die Technologie bietet einen umfassenden Blick auf Gesamtlösungen, statt auf einzelne Produkte. So lassen sich Planungsfehler, beispielsweise in Bezug auf den vorhandenen Platz, schon vorab in der Planungsphase schnell identifizieren und ausmerzen. Das macht die virtuelle Realität auch interessant für Veränderungsmanagement im Labor: die Mitarbeitenden können die neue Umgebung bereits vorab erleben und ausprobieren. Sie sind so frühzeitig abgeholt und aktiv eingebunden.
Am Mannheimer Hightech-Campus können Kunden gleich in zwei Räumen in virtuelle Welten eintauchen. Diese wirken zunächst denkbar karg: Lediglich Sensoren an Decken und Wänden zeugen vom fast unsichtbaren Potenzial der Räume – bis die Technik zum Leben erwacht. „Im Verkaufsprozess präsentieren wir hier konkrete Lösungen für unsere Kunden“, erklärt Christopher Grieser. „Dazu erfassen wir deren Räumlichkeiten und planen, wie sich Personal, Proben und Material im Labor bewegen.“ Früher habe man dafür Filme und Bilder genutzt, heute setzen sich Kunden eine 3-D-Brille auf und gehen auf interaktive Tour. „Der Kunde findet sich als Protagonist in einer detailgetreuen Laborumgebung wieder und kann diese regelrecht erleben“, so Grieser.
Der spielerische Aspekt vereinfache den Vertrieb diagnostischer Lösungen: „Will der Kunde wissen, wie ein bestimmter Arbeitsablauf funktioniert, testet er ihn virtuell. Hat er Interesse an einem neuen Gerät, kann man ihm zeigen, wie dieses funktioniert und wie es in seinem Labor mit anderen Systemen interagiert – und zwar im Zeitraffer.“ Arbeitsprozesse in diagnostischen Geräten dauern fünf Minuten statt drei bis vier Stunden. Abläufe – wie Wartezyklen während des Aufwärmens und Abkühlens – die in der Realität viel Zeit brauchen, sind hier auf einige Sekunden verkürzt. Das visualisiert Produkte, deren Funktionalitäten und gesamtheitliche Arbeitsabläufe anschaulich.
Die neue Präsentationsmethode erzeuge am Ende eine „ganz andere Dynamik der Diskussion und ein gemeinsames, einheitliches Verständnis“. Letzteres ist Grieser zufolge bei der klassischen Layoutplanung weniger stark ausgeprägt. Die VR-Technologie ist so anschaulich und überzeugend, dass es durchaus vorkommt, dass Kunden ihre Dienstleisterwahl nach der virtuellen Livetour noch einmal überdenken – zugunsten von Roche.
Solche Erfolgserlebnisse sind wichtig für die Festigung der Innovationskultur am Standort. Nicht zuletzt, weil ein Hauch von Computerspiel naturgemäß nicht im Arbeitsalltag erwartet wird. „Als wir 2012 in die Technik einstiegen, stand der gesamte Mannheimer Standort hinter uns, obwohl VR damals auf wenige Branchen und Universitäten beschränkt war“, erinnert sich Grieser. „Seit über 20 Jahren konzipieren wir in Mannheim Labore und bereits seit 2006 nehmen wir sämtliche Planungen in 3-D vor. Der revolutionäre Schritt in die VR war für uns ein organischer.“ Trotzdem blieb der Weg in die virtuelle Realität ein Wagnis, denn es gab durchaus auch Gegenwind für die Hightech-Experten. „Wir mussten schon den einen oder anderen internen Kritiker der Technologie und den notwendigen Kompetenzaufbau auf unsere Seite ziehen.“
Auch, weil der Nutzen über Visualisierungen für Vertriebspräsentationen hinausgeht. In Mannheim etwa profitiert auch das Site Management bei der Gebäudeplanung vom Können der VR-Experten. Doch damit ist das Potenzial längst nicht ausgeschöpft: „Was Laborsysteme angeht, können wir eigentlich die gesamte Wertschöpfungskette bedienen“, ist sich Christopher Grieser sicher. So lassen sich zum Beispiel die Kosten für aufwändig nachgebaute Mockups und Prototypen in der Produktentwicklung einsparen, wenn sich deren ergonomische Eigenschaften mit wenigen Mausklicks anpassen lassen. „Neuerdings können wir auch die Ausbildung und Trainings nach vorne bringen, weil wir einen schnelleren Zugang zu Geräten und Abläufen bieten. Schon jetzt nutzen wir die virtuelle Laborumgebung zum Onboarding neuer Mitarbeiter und um ein Gefühl für die Produktwelt von Roche zu vermitteln.“
Zudem könnte sich der Service mit dem Kunden vernetzen und diesen über Virtual oder Augmented Reality anleiten. Ganze Standorte können sich miteinander verbinden. Ein Experte unterstützt dann im Labor, ohne wirklich vor Ort zu sein. Ein Vorteil auch für die Umwelt: Anhand der diagnostischen Analysegeräte der cobas-Linie hat Griesers Team nachweisen können, dass die virtuelle Präsentation von Labortechnik nicht nur viel Geld spart und die Ressourcen schont sondern gleichzeitig Abfall, Transportaufwände und CO2-Emissionen senkt. Nein, für die Reise an fremde Orte muss sich niemand wegbeamen. Zumindest nicht, wenn er mit dem VR-Team ein Labor plant.
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