Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie schränken die Wirtschaft auf vielfältige Weise ein. Insbesondere Dienstleistungsaktivitäten waren und sind betroffen. Beispielsweise blieben Gaststätten, Hotels, Theater, Kinos und körpernahe Dienstleistungen zeitweise geschlossen und dürfen noch immer nur unter bestimmten Voraussetzungen öffnen (z. B. 2G Plus, reduzierte Besucherkapazitäten). Der anhaltende Verzicht auf private und geschäftliche Reisen dämpft weiterhin die Umsatzentwicklung im Nah- und Fernverkehr sowie im Beherbergungsgewerbe.
Auch die industrielle Fertigung und industrielle Dienstleistungen waren insbesondere durch einen massiven Rückgang der Nachfrage aus dem In- und Ausland beeinträchtigt und sind es teilweise immer noch. Da die industrielle Produktion heute oftmals stark fragmentiert ist – also hochspezialisierte Wertschöpfungsprozesse rund um den Globus für die Produktion von Industriegütern nötig sind – hat der Ausfall einzelner Glieder einer Wertschöpfungskette deutliche Auswirkungen auf das gesamte Produktionsnetzwerk. Fällt beispielsweise die Produktion von Mikrochips in Asien aufgrund von Lieferschwierigkeiten für Rohstoffe aus, hat dies spürbare Folgen für die Automobilindustrie in Deutschland. Störungen in der Automobilindustrie beeinträchtigen wiederum die Automobilzulieferer in Deutschland und im Ausland. Zudem wurden und werden durch Maßnahmen wie Kontakt- oder Ausgangsbeschränkungen soziale Kontakte reduziert. Solche Maßnahmen haben in der Regel zur Folge, dass wirtschaftliche Aktivitäten nicht stattfinden – beispielsweise werden Restaurants, Konferenzen oder Theater nicht besucht.
Als Folge ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) drastisch eingebrochen, vor allem im zweiten Quartal 2020. Zudem sank das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland im Vergleich zum ersten Quartal 2020 um insgesamt 10 Prozent (Abbildung). In der Europäischen Union betrug der Rückgang sogar 11,3 Prozent, was zu einem großen Teil auf die stärkere Ausbreitung des Virus in Frankreich, Spanien und Italien mit den oben beschriebenen Konsequenzen zurückzuführen ist. Zwar wuchs das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal 2020 sowohl in Deutschland als auch in der Europäischen Union deutlich, erholte sich aber bis zum dritten Quartal 2021 nicht vollständig.
Quelle: Destatis, eigene Darstellung
Eine Einschränkung des Infektionsgeschehens kann, wie in
Der Betrachtungszeitraum umfasst das zweite Quartal 2020 bis zum dritten Quartal 2021. Für diesen Zeitraum liegen belastbare Daten und Informationen zum Infektionsgeschehen und zu politischen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie vor. Die Schätzungen zeigen, dass PCR- und Antigenschnelltests zur volkswirtschaftlichen Stabilisierung in Deutschland beigetragen haben – und dies auch künftig können. Die Effekthöhe unterscheidet sich je nach Szenario bzw. angenommenen Reduktionsbeitrag der Tests:
Für eine mittlere Effektstärke (Reduktionsbeitrag 40 %) konnten die Tests die Wirtschaftsleistung in Deutschland – gemessen am Bruttoinlandsprodukt – zwischen April 2020 und September 2021 in nennenswertem Umfang stabilisieren. Im Beobachtungszeitraum wurde infolge der Tests ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um knapp 0,8 Prozent vermieden (Abbildung). Dies entspricht einem vermiedenen Verlust an Wirtschaftsleistung in Höhe von gut 36,5 Milliarden Euro (knapp 6 Milliarden Euro je Quartal).
Abweichend davon werden Rechnungen für eine geringe und eine hohe Effektstärke und damit für einen geringen und einen hohen Reduktionsbeitrag von Tests durchgeführt. Unter der Annahme, dass Tests das Infektionsgeschehen um 20 Prozent reduzieren (Minimalszenario), konnte eine Reduktion des BIP im Beobachtungszeitraum um gut 19 Milliarden Euro (etwa 3 Milliarden Euro je Quartal) vermieden werden.
Bei einer angenommenen Reduktion von 70 Prozent (hoher Effekt) konnte im Beobachtungszeitraum eine Reduktion des BIP um rund 50 Milliarden Euro über die betrachteten 18 Monate oder gut 8 Milliarden Euro je Quartal vermieden werden.
Die generelle Aussagekraft der dargestellten Zusammenhänge geht über den betrachteten Zeitraum und den bisherigen Pandemieverlauf hinaus: Maßnahmen, die wirtschaftliche Aktivitäten durch Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen oder auch Schulschließungen einschränken, dämpfen die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Können solche Maßnahmen durch die konsequente Anwendung von Tests vermieden oder zumindest abgemildert werden, hat dies positive gesamtwirtschaftliche Auswirkungen in signifikanter Höhe. In dieser Hinsicht deuten die Ergebnisse darauf hin, dass durch konsequente Testungen wirtschaftliche Aktivitäten im weiteren Pandemieverlauf sowie in zukünftigen pandemischen Lagen stabilisiert werden können.
Die Höhe der vermeidbaren BIP-Verluste ist vom konkreten Zusammenhang zwischen Tests, Maßnahmen und Infektionsgeschehen abhängig. Dieser Zusammenhang ist unter anderem durch Impffortschritt und dominierender Virusvariante beeinflusst und dürfte sich somit im Pandemieverlauf ändern. Folglich können die berechneten BIP-Effekte nicht einfach fortgeschrieben werden, sondern beziehen sich in der Höhe ausschließlich auf den Beobachtungszeitraum bis Ende September 2021. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass Tests auch in der vierten Welle der Corona-Pandemie zur volkswirtschaftlichen Stabilisierung in Deutschland signifikantem Ausmaß beigetragen haben.
Näherungsweise Schätzung
Quelle: eigene Berechnungen
Für die Berechnungen werden Schätzungen zum Reduktionsbeitrag der Tests
Trotz empirischer Fundierung sind nur näherungsweise Schätzungen möglich. Sie bieten eine Indikation der Bandbreite der Stützung der Volkswirtschaft durch die Tests. Unsicherheiten bestehen vor allem hinsichtlich des tatsächlichen Reduktionsbeitrages der Tests – auch vor dem Hintergrund der Dunkelziffer, deren Ausmaß per se unsicher ist und im Pandemieverlauf stark schwanken dürfte. Zudem waren Tests nicht über den gesamten Untersuchungszeitraum in gleichem Maße verfügbar. Beispielsweise gibt es Antigenschnelltests erst seit Oktober 2020. Eine zeitraumspezifische Differenzierung der Testverfügbarkeit wurde nicht vorgenommen. Stattdessen wurden durchschnittliche Wirkungen von Tests auf das Infektionsgeschehen unterstellt. Durch die Nutzung von drei Szenarien wird dieser Unsicherheit – zumindest teilweise – Rechnung getragen.
Die Schätzungen zeigen, inwiefern eine Erhöhung des Stringency Index (was einer Verschärfung der Maßnahmen entspricht) zum Zeitpunkt t zu einem veränderten Infektionsgeschehen (ausgedrückt durch die 7-Tage-Inzidenz) in t+7 bis t+21 Tagen führt. Dieser Zeitraum von ein bis drei Wochen ermöglicht zeitlichen Verzögerungen bei den Wirkungen der Maßnahmen Rechnung zu tragen und damit ihre Wirkung möglichst umfassend abzubilden. Alternative Setzungen des Zeitraums führen zu vergleichbaren Ergebnissen.
Die Stärke der Einschränkungen werden mit Hilfe des
Allerdings müsste der Index für den hohen Effekt und zeitweise auch für den mittleren Effekt auf einen Wert über 100 steigen, um einen vergleichbaren Rückgang des Infektionsgeschehens zu bewirken, wie er durch Tests unter Annahme der jeweiligen Effektstärke erzielt wurde. Der Index kann jedoch einen Wert über 100 nicht annehmen, da Einschränkungen in Deutschland nicht beliebig verstärkt werden können. Dies bedeutet, dass selbst harte Einschränkungen bei einer Reduktionswirkung durch Tests von 70 %- nicht ausreichen würden, um diese Reduktionswirkung mit Maßnahmen zu kompensieren. Damit liegen die Ergebnisse für die mittlere und hohe Effektstärke auf ähnlichem Niveau, weil in beiden Fällen der Index in nahezu allen betrachteten Quartalen ähnlich stark ansteigt und für eine hohe Effektstärke das Limit von 100 Punkten erreicht (aber eben nicht darüber hinaus). Dies erklärt die geringen Unterschiede in den berechneten vermiedenen BIP- bzw. Einkommensverlusten zwischen den beiden Fällen.
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