Hintergrund und Problemstellung
Obwohl das AMNOG-Verfahren seit 2011 etabliert ist und mehr als 700 Arzneimittel eine Nutzenbewertung durchlaufen haben, stoßen die frühe Nutzenbewertung und der bisherige Preisfindungsmechanismus gerade vor dem Hintergrund der zahlreichen Innovationen auf dem Gebiet der personalisierten Medizin an ihre Grenzen. Da viele personalisierte Therapien nur eine sehr kleine Patientenpopulation adressieren, ist die Datenlage zum Zeitpunkt der Zulassung limitiert. Zudem versprechen viele Therapien über eine Einmaltherapie einen Erfolg, jedoch verbleibt eine Unsicherheit bezüglich der langfristigen Wirksamkeit.
Aufgrund dieser Unsicherheit zum Zeitpunkt der Zulassung könnte über das bestehende AMNOG-Verfahren kein Erstattungsbetrag abgeleitet werden, der einen „fairen“ Preis für die personalisierte Therapie widerspiegelt. Da einerseits Patient:innen von einer derartigen Innovation profitieren könnten und keine Fehlanreize im Innovationsprozess entstehen sollen und andererseits Kostenträger keinen ineffizient hohen Preis bei Ausbleiben des Nutzens zahlen sollten, sind innovative Vergütungsmodelle zu durchdenken.
Über ein Vergütungsmodell müssen Anreize für Forschung und Entwicklung beim pharmazeutischen Unternehmer geschaffen, aber auch Risiken für ein Scheitern der Innovation für den Kostenträger minimiert werden. Personalisierte Therapien, die zum Zeitpunkt der Zulassung eine nur limitierte Evidenzlage vorweisen, sollten aufgrund des regulatorischen Settings nicht benachteiligt werden.
Um die Unsicherheit für den Kostenträger zu reduzieren, muss eine anwendungsbegleitende Datenerhebung durch den pharmazeutischen Unternehmer finanziert werden.
Die bessere Datengrundlage kann im Sinne eines dynamischen Evidenzpreises dazu genutzt werden, einen Erstattungsbetrag nach Abbau von Unsicherheit im Zeitverlauf nach oben anzupassen. Ein geringer Erstattungsbetrag nach Zulassung reduziert das Risiko für den Kostenträger, bietet aber auch die Möglichkeit erster Umsätze für den pharmazeutischen Unternehmer.
Outcome-bezogene Vergütungsmodelle, bei denen dem Hersteller ein fixer Anteil zur Deckung von Forschungs- und Entwicklungskosten sowie ein variabler Anteil bei Erreichen a priori definierter Outcomes gezahlt wird, incentivieren die Entwicklung möglichst wirksamer Produkte und reduzieren das Risiko für Kostenträger. Durch eine zeitliche Aufteilung der Zahlungen wird das Risiko weiter reduziert.
Zielgerichtete Therapien insb. im Bereich der onkologischen Erkrankungen werden aufgrund eines wachsenden Verständnisses von biologischen Prozessen und genetischen Veränderungen von Erkrankungen zunehmend entwickelt. Entsprechend kommt dem Nachweis von immunologischen oder genetischen Alterationen ein zunehmender Einfluss auf die Therapieentscheidungen und Behandlungsoptionen zu. Im Rahmen einer derartigen Präzisionsmedizin ergibt sich für viele Patient:innen eine deutliche Verbesserung ihrer Behandlungsoptionen. Daher besteht bei den Betroffenen und deren Angehörigen ein großes Interesse, dass derartige Innovationen möglichst schnell in der Versorgung ankommen.
Aus regulatorischer Perspektive sind derartige Therapien hingegen herausfordernd, da sie nicht für eine gesamte Tumorentität bzw. Indikation zugelassen werden, sondern nur für eine Teilmenge der Patient:innen mit der entsprechenden Genveränderung. Die Evidenzgenerierung ist daher umso komplexer, je kleiner die Patient:innengruppe ist. Aus diesem Grund zeigt sich einhergehend mit dem verstärkten Aufkommen von personalisierten Therapien ein Anstieg von besonderen Zulassungsverfahren bei der EMA, bei denen die Anforderungen an die zum Zeitpunkt der Zulassung vorzulegende Datenanforderung reduziert werden. So besteht die Möglichkeit der bedingten Zulassung sowie der Zulassung unter besonderen Umständen, die mit einer Verpflichtung zur Verbesserung der Evidenzlage nach Zulassung einhergehen.
Stratifizierte Medizin
Für eine möglichst rasche Überführung in den Versorgungsalltag ist der frühe Nachweis eines Zusatznutzens für patentgeschützte Arzneimittel gegenüber der Vergleichstherapie nach § 35a SGB V im Rahmen des sog. AMNOG-Verfahrens erforderlich, so dass die Kosten durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) übernommen werden können. Im Rahmen des Verfahrens werden Ausmaß und Aussagewahrscheinlichkeit des Zusatznutzens bewertet, was erheblichen Einfluss auf die Preisverhandlungen zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem pharmazeutischen Unternehmer hat. Mit Stand 20. März 2023 wurden 717 Nutzenbewertungen seit 2011 durchgeführt, wobei bei 336 Arzneimitteln kein Zusatznutzen festgestellt bzw. nicht belegt werden konnte (vgl. https://www.g-ba.de/themen/arzneimittel/arzneimittel-richtlinie-anlagen/nutzenbewertung-35a/zusatznutzen/). Das AMNOG-Verfahren ist somit vor dem Hintergrund steigender Ausgaben im Gesundheitswesen und der mannigfaltigen therapeutischen Fortschritte ein wichtiges Instrument, einen möglichst fairen Preis für Innovationen zu finden, der dem Innovator auch Anreize zu Investitionen in Forschung und Entwicklung bietet und die Finanzierung von Scheininnovationen eindämmt. Zur Incentivierung von Forschungs- und Entwicklungsleistungen in Arzneimittel bei seltenen Krankheiten (sog. Orphan Drugs) ermöglicht das AMNOG-Verfahren eine Ausnahme, wonach der Zusatznutzen als belegt gilt und nur das Ausmaß des Zusatznutzens geprüft wird. Mit dem GKV- Finanzstabilisierungsgesetz wurde die Schwelle, bis zu der diese Ausnahme gilt, auf Umsätze eines Arzneimittels in Höhe von 30 Mio. Euro innerhalb von 12 Monaten reduziert. Bei Überschreiten dieser Schwelle entfällt der Status eines Orphan Drugs, woraus eine erneute Bewertung des Zusatznutzens mit einer anschließenden Verhandlung des Erstattungsbetrags resultiert.
Trotz der Bedeutung und Erfolge des AMNOG-Verfahrens im Sinne einer frühen Nutzenbewertung und Möglichkeit der Preisfindung für Kostenträger (GKV-Spitzenverband) und pharmazeutischen Unternehmer und trotz der Ausnahmeregelung für Arzneimittel bei seltenen Krankheiten, stößt die Systematik zunehmend an ihre Grenzen – gerade aufgrund des Aufkommens der eingangs beschriebenen personalisierten Therapien mit Sonderverfahren bei der Zulassung. Da bei einigen Therapien Langzeiteffekte noch unklar sind, wurde zwar durch den Gesetzgeber im Jahr 2019 die Möglichkeit der anwendungsbegleitenden Datenerhebung geschaffen; trotz allem bestehen einige Limitation des AMNOG-Verfahrens fort.
Daten-/ Studienlage zur Bewertung des Ausmaßes und der Wahrscheinlichkeit des Zusatznutzens
Während der Gesetzgeber bewusst für sog. Orphan Drugs eine Ausnahmeregelung zum Nachweis des Zusatznutzens geschaffen hat, wonach der Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt gilt, besteht keine vergleichbare Ausnahmeregelegung für Therapien, die ebenfalls kleine Patientenpopulationen ohne Orphan Status betreffen und bspw. ein besonderes Zulassungsverfahren bei der EMA durchlaufen haben.
Es sind hierbei mindestens zwei Fallkonstellationen vorstellbar:
So wurden bspw. aufgrund des besseren Verständnisses der molekularen Grundlagen der Tumorentstehung unterschiedliche Treibermutationen beim nicht- kleinzelligen Bronchialkarzinom identifiziert und zielgerichtete Therapien für die betroffenen Patient:innenpopulationen entwickelt. Die Anzahl der für die jeweilige Behandlung in Frage kommenden Patient:innen ist zum Teil mit großer Unsicherheit behaftet, kann bei bestimmten Mutationen zwischen 500 und 1.000 Personen eingeschätzt werden.
Zum Zeitpunkt der Zulassung bzw. des Markteintritts liegen jedoch häufig nur Ergebnisse aus einarmigen Zulassungsstudien vor, auf deren Grundlage das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) keinen Zusatznutzen bewerten kann, da im Rahmen derartiger Studien kein Vergleich gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie ermöglicht wird. Aufgrund der geringen Patient:innenpopulation könnte der Nutzennachweis über randomisierte kontrollierte Studien mit der zweckmäßigen Vergleichstherapie als Komparator herausfordernd sein – sowohl in finanzieller als auch in zeitlicher Hinsicht.
Gentherapien besitzen das Potenzial, Krankheiten zu heilen, bei denen bislang noch keine Therapieoption bestand. Jedoch zeigt sich, dass zum Zeitpunkt der Zulassung noch keine hinreichend Evidenz zur langfristigen Wirksamkeit und zu möglichen Nebenwirkungen besteht. Somit ist das Ausmaß des klinischen Nutzens derartiger Therapien zum Zeitpunkt der Preisverhandlung noch nicht vollumfänglich bekannt.
Die beiden Fallkonstellationen weichen von „klassischen“ Therapiebereichen wie der Therapie von Diabetes mellitus Typ 2 oder chronischer Herzinsuffizienz in der Dimension Größe (und Bestimmbarkeit) der Zielpopulation bzw. langfristiges Ausmaß des Zusatznutzens ab. In diesen bekannten Therapiebereichen ist die dem AMNOG-Verfahren zugrundeliegende Methodik zielführend, um Innovationen mit einem tatsächlichen Nutzen zu identifizieren und einen akzeptierten Preis für die Versorgung in der GKV zu finden, da hierbei über geeignete Studien der Zusatznutzen bewertet werden kann. Schwieriger wird dies für Therapien, die über einarmige Studien eine klinische Relevanz demonstrieren sowie eine Sonderzulassung bei der EMA erhalten haben, aber im Sinne des AMNOG-Verfahrens keinen Zusatznutzen belegen können.
Dies könnte dazu führen, dass Innovationen nicht den Weg in die Versorgung finden, obwohl betroffene Patient:innen hiervon profitieren könnten. Wenn zielgerichtete Therapien nicht erstattet werden, würden weiterhin eher unspezifisch wirkende Therapien eingesetzt, die im Einzelfall zwar günstiger als die zielgerichtete Therapie sein können, aufgrund einer geringeren Wirksamkeit jedoch einen ineffizienten Ressourceneinsatz darstellen. Ethisch schwieriger wäre die Vorenthaltung von Therapien für Patientenpopulationen, denen keine Therapieoption zur Verfügung steht. Die bestehenden methodischen Anforderungen an die zu erbringende Studienevidenz könnten somit die Entwicklung von zielgerichteten Therapien (zumindest in Deutschland) bei immer kleiner werdenden Patientenpopulationen verlangsamen und die Verbreitung von breit bzw. unspezifisch wirkenden Therapien begünstigen.
Gleichsam darf nicht vernachlässigt werden, dass durch den pharmazeutischen Unternehmer unter zu definierenden Voraussetzungen der Nachweis des Nutzens im AMNOG-Verfahren zu erbringen ist. Es darf keine Fehlallokation von finanziellen Ressourcen erfolgen, indem Innovationen ohne Zusatznutzen in die Versorgung der GKV gelangen könnten.
Zu klären ist hierbei, wie im Rahmen der frühen Nutzenbewertung ein adäquater Wert von zielgerichteten Therapien identifiziert werden kann und ob Therapien, die aufgrund der o.g. methodischen Schwächen keinen Zusatznutzen darstellen können, über andere Methoden als randomisiert-klinische Studien bewertet werden können.
Die bestehenden Methoden zur Evidenzgenerierung aber auch die Ermittlung eines Festbetrags für Therapien im Bereich der sog. Personalisierten Medizin stoßen aufgrund der teilweise sehr geringen, ggfs. auch heterogenen Zielpopulation, aber auch zum Zeitpunkt der Zulassung ggfs. noch langfristig unbekannten Wirksamkeit an ihre Grenzen. Es sollten daher Anpassungen am bestehenden Rahmen des AMNOG-Verfahrens unternommen werden, um die Diffusion von nutzstiftenden Innovationen in die Versorgung der Patient:innen nicht zu verlangsamen. Gleichsam muss sichergestellt werden, dass bei dieser Anpassung der Rahmen nicht derart modifiziert wird, dass Innovationen ohne medizinischen Fortschritt in die Versorgung gelangen. Dies würde zu Ineffizienzen und einer Verschwendung von Ressourcen führen.
Umgang mit kleinen Patientenpopulationen
Durch das zunehmend bessere Verständnis von biologischen Prozessen und genetischen Veränderungen können Patientenpopulationen immer kleinteiliger definiert werden. So lassen sich die histologisch definierten Subtypen des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms in weitere Untergruppen entsprechend unterschiedlicher molekularer Veränderungen aufteilen, was zu Patientenpopulation von teilweise 500-1.000 Patienten in einer Untergruppe führen kann. Randomisiert-klinische Studien mit einer hinreichend großen Patientenzahl zum Nachweis des Zusatznutzens gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichstherapie sind für diese Untergruppen nur schwierig umzusetzen.
Am naheliegendsten wäre aufgrund der geringen Größe der Zielpopulation eine Fiktion des Orphan Status für derartige Gruppen. Mit Zulassung der Therapie durch die EMA wäre somit der Zusatznutzen belegt; im Rahmen des AMNOG-Verfahrens wäre über Studien das Ausmaß des Zusatznutzens durch den pharmazeutischen Unternehmer darzustellen. Eine derartige Regelung würde die Diffusion von derartigen Therapien in die Versorgung der GKV enorm begünstigen, aufgrund der vergleichsweise geringen Hürde und des zu erwartenden starken Aufkommens individualisierter Therapien zu einem hohen Ausgabenwachstums führen. Aufgrund der vergleichsweise geringen Hürden könnten auch Innovationen ohne „echten“ Zusatznutzen in das System gelangen und zu Ineffizienzen führen. Das finanzielle Risiko könnte reduziert werden, indem man für den übertragenen Orphan Status noch geringere Umsatzschwellen als nach dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz für Orphan Drugs definiert, ab deren Übersteigen eine erneute Nutzenbewertung durchgeführt werden muss. Zu befürchten wäre ein mögliches Slicing der Untergruppen, um unter der Umsatzschwelle zu bleiben, was wiederum zu einem ineffizienten Ausgabenanstieg führen könnte.
Aufgrund der zu erwartenden Ineffizienzen wäre zunächst die Fiktion des Orphan Status auszuschließen.
Anwendungsbegleitende Datenerhebung
Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (2019) kann der Gemeinsame Bundesausschuss die Vorlage anwendungsbegleitender Datenerhebungen verlangen, was erstmals bei Zolgensma verlangt wurde. Im Rahmen einer derartigen prospektiven Registerstudie kann Evidenz zum Nutzen sowie Schaden einer Therapie generiert werden, die zu dem Zeitpunkt der Zulassung über noch keine entsprechenden langfristigen klinischen Daten verfügte. Um eine gute Evidenzlage für innovative Therapien im Bereich der personalisierten Medizin aufzubauen, sollte die anwendungsbegleitende Datenerhebung weiter ausgebaut werden. Zur Reduktion von Transaktionskosten sollte überlegt werden, inwiefern Registerdaten aus anderen Ländern integriert werden können. Dies geht einher mit der Anforderung der EMA bei bedingter Zulassung zur weiteren Datenerhebung. So wäre vorstellbar, dass Hersteller Patientenkollektive aus Zulassungsstudien weiterverfolgen, um Daten über einen längeren Zeitraum zu erheben. Zudem könnten Daten bei Patient:innen, die nach Zulassung das Produkt erhalten haben, erhoben werden.
Zudem wäre zu überlegen, ob neben Registerdaten auch weitere real-world Daten herangezogen werden können. Durch die zunehmende Verbreitung von digitalen Gesundheitsanwendungen besteht bei manchen Patientengruppen Potenzial zur Nutzung von Daten, die über Wearables oder digitale Gesundheitsanwendungen erhoben werden können.
Zu klären ist allerdings, unter welchen Umständen derartige Daten erhoben bzw. wie Patient:innen zur Teilnahme an weiteren Studien incentiviert werden können. Unter der Annahme, dass hochpreisige Einmaltherapien bzw. personalisierte Therapien nur an bestimmten (bundesweit vernetzten) Zentren erfolgen, könnte eine prospektive Datenerhebung mit vergleichsweise geringen Transaktionskosten organisiert werden. Ferner wäre zu überlegen, inwiefern durch die elektronische Patientenakte bzw. das Linkage mit Daten der GKV weitere Datenquellen integriert werden können.
Gerade bei sog. lebensverändernden Therapien für Krankheiten, bei denen bislang keine Therapiemöglichkeit bestand und möglicherwiese durch einmalige Therapie ein Heilungserfolg auftreten kann, stößt das bisherige AMNOG-Verfahren bzw. ein klassisches Erstattungsmodell an seine Grenzen. Es ist davon auszugehen, dass bei Therapien für kleinere Patientenpopulationen höhere Preise durchgesetzt werden können. Dies könnte Resultat einer höheren Zahlungsbereitschaft für bestimmte Krankheiten wie spezifische Tumorentitäten sein oder auch mit der Bereitschaft, Innovationen bei Therapien für spezielle Patientenpopulationen zu induzieren, zusammenhängen. Letztlich könnte dies zu einem hohen, gegenüber den Kostenträgern durchsetzbaren Preisaufschlag auf die Kosten der Vergleichstherapien führen.
Jedoch kann zum Zeitpunkt der Zulassung möglicherweise noch nicht die langfristige Wirksamkeit der Therapieinnovation auf Basis der vorliegenden Evidenz abgeschätzt und somit nicht deren tatsächlicher Wert im Verhandlungsverfahren bestimmt werden. Dies könnte zu einem Risiko für Kostenträger führen, ineffizient hohe Ausgaben für langfristig weniger wirksame Therapien zu tätigen. Andererseits könnte dies auch für Hersteller dazu führen, einen möglicherweise zu geringen Preis durchzusetzen, da die zum Zeitpunkt der Verhandlung bestehende Evidenz noch nicht den vollständigen Umfang des tatsächlichen Nutzens widerspiegeln könnte.
Vorstellbar wäre, die Therapie erst in die Vergütung der GKV aufzunehmen, sobald die Therapie eindeutig bewertet werden kann. Dies könnte wiederum dazu führen, dass nutzstiftende Therapien trotz Empfehlung von Fachgesellschaften sehr spät in die Versorgung gelangen und somit Betroffenen vorenthalten werden. Es ergibt sich somit ein trade-off zwischen zeitnaher Vergütung/ Diffusion der Therapie und Ermittlung eines belegbaren Zusatznutzens (Abbau der Unsicherheit) mit Ableitung eines „fairen“ Preises. Um dieses Dilemma zu lösen, sollten innovative Zahlungsmodelle in die Verhandlungen zwischen GKV-Spitzenverband und dem pharmazeutischen Unternehmer Einzug finden.
Durch ein innovatives Vergütungsmodell muss das grundsätzliche Problem der unzureichenden Evidenz vieler Arzneimittel zum Zeitpunkt der Zulassung gelöst werden.
Anpassung des Preises an die Evidenz im Zeitverlauf
Durch eine anwendungsbegleitende Datenerhebung soll im Zeitverlauf die Datenlage zum tatsächlichen (Zusatz-)Nutzen eines Arzneimittels verbessert werden. Um gleichzeitig dem pharmazeutischen Unternehmer einen Anreiz zu Forschung & Entwicklung zu geben und dem Kostenträger im Falle des Ausbleibens eines Nutzens keinen zu hohen Schaden zuzufügen, könnte zunächst mit einem geringen Erstattungsbetrag begonnen werden. Dieser könnte stufenweise angehoben werden, sobald zu a priori vereinbarten Meilensteinen Ergebnisse der anwendungsbegleitenden Datenerhebung vorgelegt werden.
Durch die Techniker Krankenkasse wurde das Konzept des sog. Dynamischen Evidenzpreises in die Diskussion eingebracht, wonach der G-BA die Möglichkeit hat, eine Bewertung über diesen Evidenzpreis als Alternative zum bisherigen AMNOG-Verfahren für bestimmte Therapien festzulegen. Die grundsätzliche Idee ist die Verknüpfung der Preisbildung mit einer unabhängigen Datenerhebung in einem zentralen Register, insbesondere für Therapien mit einer geringen Patientenpopulation. So würde ein Preis für eine initiale Phase von 24 Monaten festgelegt. Danach sollte der jeweilige Erstattungsbetrag in Abständen von 12 Monaten entsprechend der aktuellen Datenlage verhandelt werden.
Outcome-based spread payment
Durch die Techniker Krankenkasse wurde das Konzept des sog. Dynamischen Evidenzpreises in die Diskussion eingebracht, wonach der G-BA die Möglichkeit hat, eine Bewertung über diesen Evidenzpreis als Alternative zum bisherigen AMNOG-Verfahren für bestimmte Therapien festzulegen. Die grundsätzliche Idee ist die Verknüpfung der Preisbildung mit einer unabhängigen Datenerhebung in einem zentralen Register, 7 insbesondere für Therapien mit einer geringen Patientenpopulation. So würde ein Preis für eine initiale Phase von 24 Monaten festgelegt. Danach sollte der jeweilige Erstattungsbetrag in Abständen von 12 Monaten entsprechend der aktuellen Datenlage verhandelt werden.
Um die Transaktionskosten gering zu halten, wäre die Definition und Erhebung von indikationsübergreifenden Outcomes wie Mortalität, Krankheitsprogression oder Lebensqualität sinnvoll. Die Datenerhebung könnte über eine anwendungsbegleitende Datenerhebung erfolgen. Festzulegen wäre, ob eine Zahlung an den Erfolg jedes einzelnen Patienten geknüpft ist oder über eine Stichprobe (bspw. Population von Studienpatienten) geknüpft ist.
Leipzig, Juni 2023
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